Durchbruch zum Menschsein - Egotransformation und Ichstärkung.
von Dr. Sylvester Walch -
Durchbruch zum Menschsein - Egotransformation und Ichstärkung.
Da ich in meinen Veröffentlichungen detailliert Phänomenologie und Struktur des Ego, insbesondere in seinen Unterschieden und Ähnlichkeiten zum psychologischen Ichbegriff (vgl. u.a. Walch, 2012) herausgearbeitet habe, werde ich hier, aus Zeitgründen, nur einige Aspekte grob zusammenfassen.
Umgangssprachlich würden wir einem Menschen ein starkes Ich dann zuschreiben, wenn er weiß was er will, sich seine Meinung sagen traut und tatkräftig für seine Ziele eintritt. Auch Toleranz und Dialogfähigkeit sind Ausdruck eines eigenständigen Ich.
Das starke Ich wird jedoch zum Ego, wenn es seine Ziele gegen die berechtigten Ansprüche anderer durchsetzt, die Grenzen nicht respektiert, kontrolliert und manipuliert, um für sich selber das Beste herauszuholen. Es sind also vor allem jene Gedanken, Gefühle und Handlungen, die in Beziehungen eine unangenehme Atmosphäre hervorrufen und durch die wir anderen, aber auch uns selbst schaden.
Auf die Spur unseres Ego und unserer Egoverstrickung gelangen wir schon durch wenige und sehr einfache Fragen, wie zum Beispiel:
Löst der Erfolg eines anderen in mir Neid aus oder erhöhen schlechte Nachrichten über andere mein Selbstwertgefühl?
Manipuliere und kontrolliere ich Beziehungen, um Bestätigung zu erlangen?
Reagiere ich gekränkt oder beleidigt, wenn mich jemand sachlich kritisiert?
Lehne ich andere ab, wenn sie nicht so sind, wie ich sie gerne hätte?
In Situationen, in denen wir vom Ego dominiert werden, erleben wir uns verbissen, gierig, eifersüchtig, unversöhnlich, hart und abwertend. Wir hören nicht zu, halten gerne an unseren Vorurteilen fest, beziehen unsere Sicherheit eher aus materiellen Werten und äußerem Ansehen.
Vor allem aber zeigt sich das Ego im tiefen Misstrauen gegen alles, was einfach passiert. Das hat zur Folge, dass wir uns einer kreativen Auseinandersetzung mit Lebensumständen, die uns voranbringen könnten, verweigern.
Dort, wo der Egoismus krankhafte Züge trägt, wenn wir an die unterschiedlichen Formen des Narzissmus denken, sollten wir allerdings nicht von Ego in spiritueller Hinsicht sprechen.
Wenn wir bereit sind, am Ego zu arbeiten, beginnt ein Prozess des Loslassens und Entdeckens. Die inneren Schwingungen werden subtiler erfahren, Fassaden beginnen sich aufzulösen. Das Leben selbst wird lebendiger und wahrhaftiger.
Aus den transformierten Egoanteilen entstehen neue Ich – Qualitäten. Das Ich wird dann zum Sinnesorgan des Selbst, kann flexibel reagieren und ist fähig, kontraproduktive Konzepte wieder loszulassen.
Dadurch fällt es uns auch leichter, schwierigen Situationen gegenüber offener zu sein und eigene Vorstellungen und Konzepte zu relativeren.
Arbeit am Ego bewirkt immer Öffnung zum wirklichen Sein und das Zurückkommen in den Fluss des Lebens.
Wenngleich die Auflösung des Egos nicht einfach gelingt, erfährt unsere Auffassung vom Sinn des Lebens allein schon durch diese Bemühung eine entscheidende Veränderung. Das eigennützige Wollen weicht einer dienenden und damit im Wortsinn demütigen Haltung gegenüber dem Lebensganzen.
Stillschweigend verwandeln sich dann auch die Zielvorstellungen, die wir mit den daraus entstehenden Aufgaben verbinden.
Das Handeln wird nicht mehr von bestimmten Erwartungen und Anerkennungswünschen bestimmt, sondern von der Freude, dem universellen Heilswillen der Inneren Weisheit zum Ausdruck verhelfen zu können.
Wenn wir in dieser Weise durch unser Leben dem Göttlichen dienen, werden wir auch der Welt achtsamer, mitfühlender und liebevoller begegnen. Wir öffnen unser Herz und sind bereit zu helfen, ohne dafür eine Gegenleistung zu erwarten.
Die segensreiche Wirkung des Mitgefühls strahlt dann auf uns selbst zurück, da wir im Nächsten auch jenen spirituellen Grund würdigen, aus dem heraus wir selber existieren. Die Erfahrung des gemeinsamen Ursprungs lässt Leid und Freude des anderen als eigenes Leid und eigene Freude erfahren.
Diese positive Hinwendung zum Mitmenschen ist so etwas wie ein Gütesiegel der geistigen Verwandlung. Darin eben besteht die spirituelle Qualität der Liebe, dass sie sich nicht ausschließend, sondern jeden Menschen, jedes Lebewesen, ja den Kosmos im Ganzen einbeziehend versteht.
Hier mehr zum Thema " Transpersonale Psychologie ".
Sylvester Walch verfügt über eine langjährige Meditationspraxis und entwickelte einen kulturübergreifenden spirituellen Weg, in dem seelische Heilung und geistige Praxis verbunden werden.
Er ist Gesamtleiter des Weiterbildungscurriculums „Transpersonale Psychotherapie und Holotropes Atmen“.
Ihr
Sylvester Walch