Selbstheilungskräfte aktivieren mit Imagination
Im Alltag Entspannung finden und sich nicht von seinen Problemen überrollen lassen, das ist eine Kunst, die in unserer stressigen Alltagswelt nur selten auf Knopfdruck beherrscht wird. Viele Menschen fühlen sich deshalb gestresst und verspannt und versuchen, sich einen Rückzugsort zu schaffen, welcher ihnen die schmerzlich vermisste Entspannung ermöglicht. Ein Ansatz aus der Psychotherapie ermutigt diese Menschen, diesen Ort in sich selbst zu suchen. Denn Imagination kann dabei helfen, Ruhe in sich selbst zu finden und damit den Alltag achtsam und fast mühelos zu meistern.
Therapiemethoden wie Hypnose und Achtsamkeit bekommen immer mehr Aufmerksamkeit in der konventionellen Verhaltenstherapie. Die „zweite Welle“ der Verhaltenstherapie integriert diese am Körper ansetzenden Methoden dabei in ihre Gesprächstherapien, um Patienten Verbesserung von ihren Leiden zu ermöglichen. Dass diese Methoden salonfähig wurden, ist vor allem der Nervenärztin Luise Reddemann zu verdanken, die in ihren Büchern anschaulich die wirksamen Kräfte der Imagination beschreibt.
Luise Reddemanns Fokus liegt dabei eigentlich auf Traumapatienten. Bei diesen hat die Ärztin immer wieder die beeindruckende Gabe festgestellt, sich in traumatischen Situationen oder Flashbacks in ihren „inneren Ort“ zu flüchten und sich eine gute Welt zu imaginieren, welche sie die Phasen des Stresses überstehen lässt. Ausgehend von dieser beobachtung entwickelte Reddemann die Psychodynamisch Imaginative Trauma Therapie (PITT), welche den Patienten und seine Ressourcen in den Mittelpunkt stellt und ihn beim Gesundungsprozess unterstützt.
Reddemanns Idee, dass die Imaginationsfähigkeit der Patienten dabei eines der wichtigsten Mittel war, sich selbst zu heilen, ist revolutionär und hat eine enorme Verbreitung erfahren. Dies gilt nicht nur für Traumapatienten, sondern in abgeschwächter Form für alle Menschen: Oft brauchen wir in stressigen oder risikoreichen Zeiten Halt und suchen diesen, bewusst oder unbewusst, in unserem Inneren, indem wir uns schöne Dinge vorstellen oder mit imaginären Begleitern reden. Reddemann ermutigt ihre Patienten und Leser dazu, diese Kräfte bewusst anzuwenden, um Probleme und Lebenskrisen zu meistern.
Einigen Menschen fällt es schwerer als anderen, ihre imaginativen Kräfte zu entfalten. Manchmal sind diese in einem rationalen Lebensstil verschüttgegangen und müssen erst wieder aktiviert werden. Die „innere Bühne“, wie Reddemann das imaginäre Innenleben eines Menschen nennt, ist nicht immer gleich aktiv. Dabei kann eine Zuwendung zur inneren Bühne viel Klärung in Lebensangelegenheiten bieten. Die Aufspaltung der Bewusstseinszustände, unter denen Traumapatienten zu leiden haben, geschieht hier bewusst und gelenkt, indem Reddemann ihre Patienten auf der inneren Bühne vom Erwachsenen zum Kind sprechen lässt und dem inneren Kind so Vertrauen und Leitung schenkt.
Imagination findet in vielen anderen Verfahren als Reddemanns Anwendung. So arbeitet auch die Hypnose mit imaginativen Verfahren, wenn der Patient in einem Trancezustand ist. Auch hier zeigen sich die selbstheilenden Kräfte des Unterbewussten, wie der Nutzer BlackRaven88 auf dem Portal gutefrage.net schildert: Die Innenlenkung bei der Hypnose kann nicht nur Entspannung, sondern auch eine Hinwendung zur eigenen Imaginationsfähigkeit mit sich bringen.
Auch beim luziden Träumen und bei der Meditation arbeiten wir mit Imagination und der inneren Bühne. Hypnose, Achtsamkeit und Meditation werden dabei bei Reddemann bewusst eingesetzt, um die Imaginationsfähigkeit zu stärken und die Selbstheilungskräfte zu aktivieren. Besonders in ihrem Buch „Imagination als heilsame Kraft“ schildert die Autorin dabei anschaulich, wie hilfesuchende Menschen lernen können, ihren Alltag mithilfe der Imagination besser und sicherer zu meistern. Nicht nur Traumapatienten, sondern auch sich verloren fühlende und gestresste Menschen können hier von der Theorie der Nervenärztin viel lernen und ihr Lebensgefühl nachhaltig verbessern.