Gedichte über die Liebe - ein Engel.
von Ulrike Dietmann -
Ein Engel, der eine irdische Frau sein wollte.
Ein Engel kam auf die Erde, er wollte gern eine irdische Frau sein. Auf der Erde traf er ein wunderschönes Pferd mit weißer Mähne, einen Palomino.
„Ich bin jetzt eine irdische Frau“, sagte sie zu dem Pferd. „Kannst du mir einen irdischen Mann schenken?“
Der Palomino schenkte ihr einen Mann und es fand eine Hochzeit auf einer Wiese mit süß duftenden Blumen statt.
Der Mann liebte die Frau sehr. Er hatte den Palomino von seinem früheren Besitzer erworben und schenkte ihr das Pferd mit den flachsfarbenen Haaren zur Hochzeit. Sie war sehr glücklich.
Bald aber bekam der Engel Angst, dass der Mann bemerken würde, dass sie ein Engel war und keine richtige menschliche Frau und dass er sie dann nicht mehr lieben würde.
Denn das war ihr bei ihrem letzten Versuch, eine irdische Frau zu sein, passiert.
Der Mann war so böse geworden, dass er sie beinahe umgebracht hätte, bevor sie in den Himmel zurückkehren konnte. Aber sie vertraute dem Mann, den der Palomino ihr geschenkt hatte und fand zurück zur reinen Liebe.
Sie liebte die Pferde und sah, dass die Menschen die Pferde nicht so sehen konnten, wie sie wirklich waren.
Deshalb machte sie es sich zur Aufgabe, den Menschen die Feinheit und das Seelenwesen der Pferde nahezubringen.
Die Pferde waren sehr sensible Tiere und sie lehrten die Menschen vor allem, wie verletzbar sie selbst waren und dass man keine Angst davor haben musste, verletzbar zu sein. Im Gegenteil, dass in der Verletzbarkeit die Liebe entstand.
Die Liebe der Pferde und wie sie die Herzen der Menschen berührten, das machte die Frau sehr glücklich. Auch ihre Liebe zu ihrem Mann wurde tiefer und tiefer und der Palomino war stets an ihrer Seite.
Nachts jedoch wurde die Frau von Alpträumen heimgesucht, in denen sie verlassen und beschimpft und betrogen wurde. In denen man ihr vorwarf, alle getäuscht zu haben darüber, dass sie eine menschliche Frau war.
In denen die Menschen glaubten, dass sie ein Dämon war, der andere zerstören wollte.
Das machte die Frau sehr traurig und es raubte ihr mehr und mehr den Mut. Auch ihr Mann wurde ganz betrübt und wusste nicht, wie er sie trösten sollte.
Da fasste sie sich ein Herz und offenbarte sich ihrem Mann in ihrem wahren Wesen. Sie glaubte, dass er sie nun verstoßen würde, aber das Gegenteil war der Fall. „Du darfst alles sein, was du sein willst, ich liebe dich so wie du bist“, sagte er.
Der Engel, der zur Frau geworden war, empfand eine unendliche Erleichterung und Dankbarkeit. Sie musste sich nicht länger anstrengen, einen Teil ihrer selbst zurückzuhalten.
Sie legte sich auf die Wiese neben ihr schönes Pferd und träumte die Träume eines Engels.
Manche passten nicht in das Leben auf der Erde, aber das machte nichts. Sie durfte sein, was sie war und sie fühlte, dass sie genau dafür geliebt wurde.
Herzlichst
Eure Ulrike Dietmann