Das schamanische Enneagramm
Ich nutze das Enneagramm auf schamanische Art und Weise. Was genau bedeutet das?
Allgemein wird das Enneagramm als ein intellektuelles Modell gesehen, weil es offensichtlich „verstanden“ werden muss, d.h. scheinbar nur mit dem Verstand begriffen und verarbeitet werden kann. Nach meinem Verständnis kann das Symbol jedoch mindestens auf drei verschiedenen Ebenen genutzt werden.
Gurdjieff setzte es auf der Körperebene ein, indem er spirituelle Tänze (Movements) entwickelte, die zu der von ihm dafür komponierten Musik von seinen Schülern auf dem Enneagramm hoch diszipliniert getanzt wurden und wovon Zeitgenossen berichten, der bloße Anblick der konzentrierten Bewegungen zu dieser Musik hätte auch bei den Zuschauern verblüffende Auswirkung auf das Bewusstsein in einer Art von tiefem Verständnis erzeugt.
Ausgehend von dem chilenischen Therapeuten Oscar Ichazo und weitergeführt von Claudio Naranjo hat sich seit den 60er Jahren weltweit die psychologische Nutzung etabliert, deren Ziel ein psychologisch-spiritueller Wachstumsprozess ist. Er wird über die Selbsterkenntnis als Reflektion auf der Geistebene angestrebt. Wenn die mechanischen Muster der Ego-Persönlichkeit entlarvt werden, dann sollte der Mensch authentisch und klar bei seinem wahren Wesen ankommen können.
Ich konzentrierte mich auf die Verwendung des Enneagramms auf der Gefühlsebene, die einen intuitiven Zugang zur Seelenwelt möglich macht und bei der keinerlei intellektuelle oder körperliche Anstrengung zwingend erforderlich ist. Der Schamane ist in dieser Welt unterwegs und versucht mit Ritualen unter Nutzung aller Sinneswahrnehmungen, die aus dem Gleichgewicht gefallene Seele in die Ordnung zurückzuführen. Für eben diesen Ansatz habe ich neun Tore entwickelt.
Die Seelentore
Das Tor ist ein mythisches Symbol, das immer mit dem Überschreiten einer Schwelle zu tun hat. Es kann Ausgang oder Eingang sein und führt in andere Räume, die eine neue Erfahrung möglich machen. Dies ist das entscheidende Element. Ein Tor ist immer auch ein Lösungsangebot, wenn sinnentleerte Umstände den Menschen nach neuen Perspektiven dürsten lassen. Ich habe in künstlerischer Zusammenarbeit mit der Malerin Petra Arndt, neun Tore nach meinem Verständnis des Enneagramms in Bilder umgesetzt. Es sind Bildnisse von Toren, die in ihrer Symbolik die Licht- und Schattenqualitäten eines jeden Punktes enthalten. In Motiv, Farbe und Form liegt eine Fülle von Information, die intuitiv aufgenommen werden soll. Es gibt ein Außen und ein Innen, d.h. der Betrachter blickt von außerhalb und die äußeren Aspekte weisen auch darauf hin, welche Gefahrenquellen (Schattenthemen) dort vorgefunden werden und was den Besucher an diesem Tor vom Wesentlichen ablenkt. Das Innere hingegen spiegelt die essenziellen Gegebenheiten (Lichtaspekt) und vermittelt den Einblick in die heilige Idee eines jeden Tores. Gerne benutze ich auch die biblische Analogie der Vertreibung aus dem Paradies, weil es den Verlust der All-Einheit so anschaulich macht. Demnach gibt es neun verschiedene Weisen, aus dem Paradies zu fallen. Psychologisch kann das mit dem Verlust des vom Leben Getragenseins in der frühen Kindheit erklärt werden. In unterschiedlicher Form wird da erlebt, dass etwas mit einem Selbst nicht in Ordnung ist. Sei es dass man nicht beachtet oder ständig korrigiert wird, bestraft wird, weil man etwas falsch macht oder einfach nichts taugt, Erwartungen nicht erfüllt oder sich überhaupt unerwünscht fühlt, böse Überraschungen erlebt oder schöner Dinge beraubt wird. Der natürliche Selbsterhaltungstrieb bildet in der Folge eine spezifische Abwehrreaktion gegen diesen ursprünglichen Verlust aus, die sich im weiteren Verlauf des Lebens immer weiter verselbständigt und verhärtet. Sie wird zu einem unbewussten Reflex, der ausgelöst wird, wann immer der Mensch sich mit einer ähnlichen Verlustsituation konfrontiert fühlt. Ob es sich dabei dann um einen realen oder eingebildeten Verlust handelt, spielt keine Rolle mehr. Es hat sich ein versteckter Automatismus gebildet, der nur schwer vom Individuum als ein solcher wahrgenommen werden kann. Dieser Reflex ist die Grundlage dessen, was als Ego-Reaktion bezeichnet wird und ist letztlich auf der Angst begründet, dem Leben auf die eine oder andere Art nicht zu genügen.
Die gute Botschaft des Tores besagt aber, dass es in beide Richtungen offen ist. Die Station, an der wir aus dem Paradies in die raue Welt der Polaritäten und der Spannung getreten sind, gewährt uns auch die Rückkehr in die Einheit und die Harmonie mit allem was ist.
Wenn wir Pflanzen als „Schwellenkräfte“ in das Enneagramm stellen und mit ihnen in der Dynamik des Enneagramms arbeiten, dann erschließen sich uns ihre Kräfte auf phantastische Weise. Die gute Botschaft ist: Sie wirken uneingeschränkt regulativ!
Es werden Prozesse dynamisiert, wenn wir 9 Pflanzen in einer rituellen Folge oder aus bewusst ausgeführter Herstellung zum Einsatz bringen. Dies wird insbesondere in Verbindung mit Duftritualen eindrucksvoll erlebt.
Die Erfahrungen der letzten fünf Jahre mit diesem System in Gruppen, Ausbildungen und Arbeitskreisen habe ich in einem Buch niedergelegt, das im Frühjahr 2010 im Windpferd Verlag erscheinen wird.
Lassen Sie sich überraschen!