IN EINHEIT UND HARMONIE
von Franz Ludescher
MUTTERRELIGION
(Worte von Hildegard von Bingen)
In Weisheit habe ich die Welt in Ordnung gebracht.
Ich, das feurige Leben göttlicher Essenz;
flamme mehr als die Schönheit der Wiesen.
Ich schimmere im Wasser, und ich brenne in der Sonne,
im Mond und in den Sternen.
Mit jedem Lufthauch, wie mit dem unsichtbaren Leben,
das alles erhält, erwecke ich alles zum Leben.
Die Luft lebt, indem sie grün wird und im Blut vorhanden ist.
Das Wasser strömt, wie wenn es lebendig wäre…..
Und so bin ich in jeder Art von Wirklichkeit
als feurige Macht verborgen…..
Ich hauche allen Leben ein, so dass nichts in Bezug
auf seine Art sterblich ist.
Denn ich bin Leben.
INDIANER
Gebet der Sioux
Großer Geist, dessen Stimme ich in den Winden vernehme
und dessen Augen der ganzen Welt Leben spendet,
erhöre mich!
Ich trete vor Dein Angesicht, als eines Deiner vielen Kinder,
siehe, ich bin klein und schwach,
ich brauche Deine Kraft und Weisheit.
Lass mich in Schönheit wandeln und meine Augen
immer den purpurroten Sonnenuntergang schauen.
Mögen meine Hände die Dinge achten,
die Du geschaffen hast,
und meine Ohren Deine Stimme hören.
Mache mich weise, damit ich die Dinge erkennen kann,
die Du meinem Volk gelehrt hast, die Lehre, die Du
in jedem Blatt und jedem Felsen verborgen hast.
Ich sehne mich nach Kraft,
nicht um meinen Brüdern überlegen zu sein,
sondern um meinen größten Feind – mich selbst –
bekämpfen zu können.
Mache mich stets bereit, mit reinen Händen und
aufrichtigen Augen zu Dir zu kommen,
damit mein Geist, wenn das Leben wie die
untergehende Sonne entschwindet,
zu Dir gelangen kann,
ohne sich schämen zu müssen.
HINDUISMUS
Krishna spricht:
Meine materielle Natur teilt sich in die fünf Elemente
Erde, Wasser, Luft, Feuer, Äther.
Dies ist mein stoffliches Wesen.
Erkenne du aber nun meine höhere Wesenheit,
welche das All belebt. Wisse, dass die oben genannten fünf Elemente
den Mutterleib alles existierenden Dinge bilden.
Ich aber bin die Quelle, aus de das ganze Weltall entspringt
und in die es zurückkehrt.
Ich bin das Erfrischende im Wasser,
Ich bin das Licht der Sonne und des Mondes,
Ich bin der Erde Wohlgeruch und der Glanz des Feuers,
der Ton, der im Äther klingt.
Ich bin das Leben in allem Lebendigen
und die Entsagung in dem Entsagenden.
(Bhagavadgita VII,4ff.)
BUDDHISMUS
Mit Gedanken der Liebe möchte ich die Welt betrachten;
möge sich diese Liebe ausbreiten in alle vier Himmelsrichtungen
und das ganze Universum bis an seine Grenzen umfassen.
Mit Gedanken des Mitgefühls möchte ich die Welt betrachten;
möge sich dieses Mitgefühl ausbreiten in alle vier Himmelsrichtungen
und das ganze Universum bis an seine Grenzen umfassen.
Mit Gedanken der Freude möchte ich die Welt betrachten;
möge sich diese Freude ausbreiten in alle vier Himmelsrichtungen
Und das ganze Universum bis an seine Grenzen umfassen.
Mit Gedanken des Friedens möchte ich die Welt betrachten;
möge sich dieser Frieden ausbreiten in alle vier Himmelsrichtungen
und das ganze Universum bis an seine Grenzen umfassen.
ZARATHUSTRA
Hymne auf Gottes Schöpfung
Wir ehren alle Wasser,
die Quellwasser, die Flusswasser und die stehenden Wasser.
Wir ehren alle Pflanzen, die, welche auf der Höhe wachsen
und die sich auf der Erde ausbreiten.
Wir ehren das ganze Land, den ganzen Himmel und alle Sterne,
die Sonne und den Mond.
Wir ehren alle ewigen Lichter.
Wir ehren alle Herden, die Tiere im Wasser und in der Luft,
die unter dem Firmament wohnen.
Wir ehren alle reinen und heiligen Schöpfungen,
Ahura-Mazda, wundervoller Künstler,
die Schöpfungen,
mit denen Du eine große Zahl vollkommener Dinge geschaffen hast.
Deine Geschöpfe, der Verehrung und des Lobes würdig,
auf Grund der vollkommenen Reinheit ihrer Natur.
Wir ehren alle Berge, die von reinem Glanz leuchten,
alle Binnenmeere, die von Mazda erschaffen wurden, alle Feuer.
Wir ehren alle wahrhaften Worte,
alle die, die die Reinheit und Weisheit beleiten.
Sie mögen mir zum Schutz und zur Verteidigung dienen,
zum Unterhalt und zum Wächter.
Ich rufe sie für mich, für das Wohl meiner Seele an,
ich ehre sie zum Schutz und zur Verteidigung,
Unterhalt und Wache zu erlangen.
So ehre ich die heiligen und reinen Gathas,
die Häupter der Zeiten des Tages.
(aus dem Avesta: YASNA 17)
JUDENTUM
Die Erde war noch leer und öde,
Dunkel bedeckte sie und wogendes Wasser,
und über den Fluten schwebte Gottes Geist.
Da sprach Gott: „Licht entstehe!“, und das Licht strahlte auf.
Dann sprach Gott: „Im Wasser soll ein Gewölbe entstehen,
eine Scheidewand zwischen den Wassermassen!“
Und Gott nannte das Gewölbe Himmel.
Dann sprach Gott: „Das Wasser unter dem Himmelsgewölbe soll
sich alles an einer Seite sammeln, damit das Land hervortritt.“
Und Gott nannte das Land Erde,
die Sammlung des Wassers nannte er Meer.
Dann sprach Gott: „Am Himmel sollen Lichter entstehen,
die Tag und Nacht voneinander scheiden.
Sie sollen am Himmelsgewölbe leuchten,
damit sie der Erde Licht geben.“
Gott machte zwei große Lichter, ein größeres,
das den Tag beherrscht, und ein kleineres für die Nacht.
Dazu das ganze Heer der Sterne.
(1. Mose 1, 1-16)
CHRISTENTUM
Der Sonnengesang von Franz von Assisi
Höchster, allmächtiger, guter Herr,
dein sind der Lobpreis, die Herrlichkeit und Ehre und jeglicher Segen.
Dir allein, Höchster, gebühren sie,
und kein Mensch ist würdig, dich zu nennen.
Gelobt seist du, mein Herr, mit allen deinen Geschöpfen,
zumal dem Herrn Bruder Sonne;
er ist der Tag, und du spendest uns das Licht durch ihn.
Und schön ist er und strahlend in großem Glanz,
dein Sinnbild, o Höchster.
Gelobt seist du, mein Herr, durch Schwester Mond und die Sterne;
am Himmel hast du sie gebildet, hell leuchtend
und kostbar und schön.
Gelobt seist du, mein Herr, durch Bruder Wind und durch Luft
und Wolken und heiteren Himmel und jegliches Wetter durch das du
deinen Geschöpfen den Unterhalt gibst.
Gelobt seist du, mein Herr, durch Schwester Wasser,
gar nützlich ist es und demütig und kostbar und keusch.
Gelobt seist du, mein Herr, durch Bruder Feuer,
durch das du die Nacht erleuchtest;
und schön ist es und liebenswürdig und kraftvoll und stark.
Gelobt seist du, mein Herr, durch unsere Schwester, Mutter Erde,
die uns ernähret und trägt und vielfältige Früchte hervorbringt
und bunte Blumen und Kräuter.
Gelobt seist du, mein Herr, durch jene, die verzeihen um deiner Liebe willen
und Krankheit ertragen und Drangsal.
Selig jene, die solches Ertragen in Frieden, denn vor dir, Höchster,
werden sie gekrönt werden.
Lobt und preist meinen Herrn
Und sagt ihm Dank und dient ihm mit großer Demut.
ISLAM
Aus dem Koran
95. Wahrlich, Allah ist es, Der das Korn und den Dattelkern keimen lässt. Er bringt das Lebendige hervor aus dem Toten, und Er ist der Hervorbringer des Toten aus dem Lebendigen. Das ist Allah; warum dann lasst ihr euch abwendig machen?
96. Er lässt den Tag anbrechen; und Er macht die Nacht zur Ruhe und Sonne und Mond zur Berechnung. Das ist die Anordnung des Allmächtigen, des Allwissenden.
97. Und Er ist es, Der die Sterne für euch geschaffen, auf dass ihr durch sie den Weg findet in den Finsternissen zu Land und Meer. Wir haben bis ins einzelne die Zeichen dargelegt für Menschen, die Wissen haben.
98. Er ist es, Der euch entstehen ließ aus einem einzigen Wesen, und (euch) ist ein Aufenthaltsort und eine Heimstatt. Wir haben bis ins einzelne die Zeichen dargelegt für Menschen, die begreifen.
99. Und Er ist es, Der Wasser niedersendet aus der Wolke, damit bringen wir alle Art Wachstum hervor; mit diesem bringen wir dann Grünes hervor, daraus wir gereihtes Korn sprießen lassen, und aus der Dattelpalme, aus ihren Blütendolden, (sprießen) niederhängende Datteltrauben, und Gärten mit Trauben, und die Olive und den Granatapfel – einander ähnlich und unähnlich. Betrachtet ihre Frucht, wenn sie Früchte tragen, und ihr Reifen. Wahrlich, hierin sind Zeichen für Leute, die glauben.
GEIST DER FÜHRUNG
Worte von Hazrat Inayat Khan
Jede Gestalt, die ich sehe, ist Deine eigene Gestalt, Herr,
Jeder Laut, den ich vernehme, ist Deine eigene Stimme;
Im Wohlgeruch der Blumen vernehme ich Deines Geistes Duft;
Aus jedem zu mir gesprochenen Wort höre ich Deine Stimme, Herr!
Alles, was mich berührt, ist Berührung von Dir;
Bei allem, was ich koste, schmecke ich die Süße Deines Geistes.
Überall fühle ich Deine Gegenwart, Geliebter.
Aus jedem Wort, das an mein Ohr dringt, höre ich Deine Botschaft.
Alles, was mich berührt, erfüllt mich mit der Wonne Deines Kusses;
Wohin ich schweife, treffe ich Dich;
Wohin ich gelange, finde ich Dich;
Wohin ich schaue, erblicke ich Dein strahlendes Bild;
Was immer ich anfasse, ich berühre Deine geliebte Hand.
Wen ich auch sehe, ich sehe Dich in seiner Seele;
Wer mir auch etwas gibt, ich nehme es von Dir entgegen.
Wem ich auch gebe, ich biete es Dir in Demut dar, Herr;
Wer auch zu mir kommen mag, Du selber bist es ja, der kommt;
An wen ich mich auch wende, ich wende mich an Dich.
(Vadan 855)