ZEN - Mensch im Kosmos - 4
von Franz Ludescher
Wer hat die oben beschriebenen Naturkonstanten festgelegt?
Darüber kann die Physik keine Auskunft geben. Sie sind mit dem Urknall, auf den man den Beginn unseres Universums zurückführt, entstanden. Erstaunlicherweise ist alles so angelegt, dass die Biosphäre sich höher entwickelt und bei einem Lebewesen ankommt, das sich die ganze Welt vor Augen stellen kann. Was ist der Sinn, dass der Mensch die grundlegenden Fragen stellen kann, warum die Welt überhaupt ist, welchen Sinn sein Leben hat, worauf das alles hinausläuft?
Nur der Mensch fragt nach dem Ursprung
Die Evolution hat ein Lebewesen hervorgebracht, das nicht mehr einfach Teil der Welt ist und nach den von der Welt eingestifteten Gesetzen handelt. Der Mensch kann sich die Welt gegenüberstellen. Er erforscht sie, er staunt über ihre Schönheit und er fragt nach ihrem Ursprung. Wahrscheinlich kann das ein Schimpanse oder ein Delphin nicht. Sie leben einfach in ihrer Welt und folgen den Programmierungen ihrer Instinkte. Die höher entwickelten Tiere haben sicher auch Stimmungen und können Gemeinschaft verwirklichen. Jedoch gibt es keine Anzeichen dafür, dass sie philosophieren oder sich im Gebet an die Macht wenden, die sie hinter dem Weltall vermuten.
Dass der Mensch sich über seinen Alltag erheben kann, indem er Feste feiert, sich philosophierend mit Fragen auseinandersetzt, die er zur Bewältigung des Alltags gar nicht braucht, gibt ihm eine besondere Stellung in der Welt. Er betrachtet nicht nur Teile der Welt, sondern das Ganze.Wenn ein solches Wesen am Ende einer Entwicklung steht, die Milliarden Jahre brauchte, dann hat es eine Bedeutung, die über den Zufall hinausgeht.
Es ist so wie mit dem perspektivischen Sehen. Der Zufall erklärt nur die Fläche, die ein ungeübtes Auge wahrnimmt. Ein Auge, das den dreidimensionalen Raum erkennt, sieht weiterhin die Fläche, aber es sieht mehr, nämlich wie die Gegenstände im Raum angeordnet sind. Weil der Mensch mehr sehen kann als die Tiere, erforscht er seine Welt. Weil er nicht nur Teile sieht, sondern sich das Ganze vor seinen Geist holen kann, sieht er mit den Augen seines Geistes mehr.
Der Zufall und die physikalischen Gesetze, die mit der Entstehung des Alls aus dem Urknall das Geschehen steuern, haben mehr angezielt, als es ihnen selbst bewusst war. Wenn der Mensch das Ergebnis der Evolution, nämlich sich selbst als geistiges Wesen ernst nimmt, dann soll er seinen Geist gebrauchen und nicht bloß beschränkt denken. Dann treibt er Philosophie und feiert Feste, er besingt die Schönheit der Welt und fragt nach ihrem Ursprung.
Zusammenfassung
Dass der Mensch über Geist verfügt und nicht nur ein durch den Zufall und den Alltag definiertes Wesen ist, deutet darauf hin, dass die Evolution nicht bloß auf ein optimal überlebensfähiges Wesen hinausläuft, sondern auf ein Wesen, das über das Ganze nachdenken kann.
Es muss also ein geistiges Prinzip im Kosmos geben, das dem Geist des Menschen korrespondiert. Wenn aber hinter der Welt eine geistige Macht steht, dann ist es sinnvoll, dass sie ihre Schöpfung auf ein Wesen hin angelegt hat, das so ausgestattet ist, dass es sich auf die ursprüngliche geistige Macht beziehen und den Schöpfer erkennen kann.
Der Mensch findet seine Vollendung daher nicht darin, dass er den Alltag optimal meistert und im Konkurrenzkampf erfolgreich ist, sondern indem er das Ganze betrachtet, nach den Ursprüngen fragt und im Fest das Leben und seinen Schöpfer feiert.
Die jüdische Tradition stellt das in das Zentrum ihrer Gottesverehrung. Der Schöpfungsbericht ist so aufgebaut, daß der 7. Tag, der Sabbat, nicht einfach die Schöpfung weiterführt, sondern dem Menschen den Freiraum gibt, mit Gott das Werk anzuschauen und zu erkennen, dass alles gut, ja sehr gut geworden ist. Deshalb wird die Würde des Menschen bedroht, wenn der Sonntag den Alltagsgeschäften geopfert wird.
Weiterführende Fragen
Die Frage nach Warum zeigt dem Menschen, wozu er seine geistigen Fähigkeiten erhalten hat. Der Geist des Menschen ist auf Größeres ausgerichtet, als dass er ihn benutzt, um überlebensfähiger zu sein. In seiner Freiheit und in dem Unbedingten Anspruch, den er in seinem Gewissen erfährt, berührt er die geistige Sphäre.
Fragen für mich
Wenn ich in einer klaren Nacht am Fenster, oder vielleicht auch im Freien stehe und meinen Kopf in den Nacken lege sehe ich den Mond, die Sterne und eine unendliche Weite.
Aber habe ich bisher auf die Gefühle geachtet, die dabei auch mich zu kommen? Ist es vielleicht mehr als "romantisch" und "sehr schön"?
Waren auch schon Gefühle darunter, wie Angst oder Überwältigung? Kommen mir in diesen Momenten auch Fragen in den Sinn, die ich bisher vielleicht immer weggedrängt hat, weil sie so groß waren?
Wie stehe ich vor dem Kosmos? Fühle ich mich klein oder fühle ich mich groß? Fühle ich mich allein und ohne Grund, oder fühle ich mich gewollt und gebraucht als Mensch im Kosmos?
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