Die enormen Lebensenergien vieler ADS und ADHS talentierter Menschen
von Peter Classen
Vor einigen Jahren war ich bei einer Buchpräsentation einer Autorenkollegin in einer norddeutschen Bankfiliale. Der Leiter dieser Bank ist auch Prediger in einer Freikirche, und schilderte mir seine Erfahrungen mit einem seiner ADHS talentierten Mitarbeiter.
So sagte er sinngemäß:
Ich brauchte lange zu lernen, mit diesem Mitarbeiter klar zu kommen. Wenn ich ihm zu Wochenbeginn eine Arbeit zugewiesen hatte, die nach meinem Ermessen ca. 16 Stunden dauert, so war er in der Regel nach 4 Stunden damit fertig, saß dann herum, und träumte vor sich hin. Zuerst griff ich ihn verbal regelrecht an, und forderte ihn auf zu arbeiten.
Als er nur sagte, er sei fertig, begann ich seine Arbeit auf Fehler zu durchsuchen. Ich fand aber keine, und das machte mich fast wahnsinnig. Wie konnte das angehen?
Als nächstes trug ich ihm weitere Arbeiten auf, die er genau so schnell erledigte, jedoch auch immer gereizter wurde. Das ging einige Wochen so, und ich wollte ihn schon rausschmeißen, als bei mir - Gott sei Dank- doch noch der Groschen gefallen ist.
Weshalb lud ich ihm immer mehr Arbeit auf? Nur weil er sie sehr schnell und zuverlässig erledigte.
Es war mein eigenes Unvermögen, die ihm gegebenen Begabungen zu respektieren, und zu würdigen.
Nachdem ich das erkannt hatte, trug ich ihm nur noch so viel Arbeit auf, wie ich auch den anderen Mitarbeitern zuwies. Wenn er fertig war, ließ ich ihn in Ruhe, und in seiner inneren Welt leben. Ab diesem Moment klappte die Zusammenarbeit zwischen ihm und mir harmonisch.
Die Arbeitskollegen jedoch waren anfangs eifersüchtig darauf, dass ihr Kollege oft stundenlang nichts tat, während sie am Arbeiten waren. Jetzt war ich als Chef gefragt, dies in einer Teambesprechung zu klären. Das war in diesem Zusammenhang wohl meine größte Herausforderung. Doch mit der Zeit begriffen die anderen Mitarbeiter die tieferen Zusammenhänge, und es kehrte ein harmonisches Arbeitsklima in unsere Bank ein.
Jetzt durfte jeder so arbeiten, wie er es konnte, und vor allem in seinem ureigenen Tempo.
Als guter Chef darf und muss ich meinen Mitarbeitern das zu erreichende Ziel vorgeben. Wie sie jedoch dahin gelangen, habe ich ihnen zu überlassen. Das bedeutet - die Freiheit des Seins. Auch können sich nur so neue und oftmals bessere Lösungswege auftun. Vor allem aber können die oft enormen Lebensenergien der ADS/ADHS talentierten Menschen gewinnbringend für die Menschheit und die Erde genutzt werden, ohne diese jedoch auszunutzen.
Auch bei mir ist das so.
Habe ich an einer Arbeit spaß und deren Sinn erfasst, löse ich diese in der Regel binnen kürzester Zeit. Danach kommt jedoch der Punkt, an dem ich mich in meine Innenwelt zurückziehen muss, denn nur von da bekomme ich die Kraft für mein Sein und mein Tun. Wird mir dies jedoch nicht gewährt, so brenne ich innerlich regelrecht aus, und kriege nichts mehr auf die Reihe. Darin liegt auch der Grund, dass oft Mitarbeiter als hochtalentiert eingestellt, und einige Zeit später als unfähig entlassen werden.
Ist bei einem solchen Menschen das innere Kind jedoch noch nicht geheilt, so kann es leicht passieren, dass man alle angetragenen Leistungsanforderungen erfüllen will, um Anerkennung zu bekommen. Dann ist man regelrecht süchtig nach Anerkennung von Außen, und powert sich oft vollständig aus. Der Burn Out ist die Folge, und auch die so genannte Midlifecrisis hat oft darin ihren Ursprung. Es kann jedoch auch zu einer manischen Depression führen.
Heilung beginnt mit dem Erkennen der Ursache.
Somit lade ich alle Arbeitgeber ein, die Talente dieser Menschen zum Wohle der Menschheit zu nutzen, und sie nicht mehr zur Befriedigung des eigenen Egos zu missbrauchen. Und die Betroffenen lade ich ein, diese tieferen Zusammenhänge zu erkennen, und für Missbrauch nicht mehr zur Verfügung zu stehen.
Das Leben ist Veränderung – lassen sie uns diese leben.
Ihr Peter Classen
Buchtipp:
INDIGO-MENSCHEN UND DER WEG AUS DEM BURNOUT
Ihr Anderssein ist eine Chance!
176 Seiten, Amra-Taschenbuch; 9,95 €