Unsere Beziehungen...
Heute kommen wir zum Thema Partnerschaft.
Diese gestaltet sich oft so schwierig, wie die Beziehung zu unseren Eltern. Weshalb das so ist hat sicherlich verschiedene Gründe. Einer der Wichtigsten ist jedoch gewiß, daß die erste Beziehung unseres Lebens in der Regel die mit unseren Eltern ist. Hier erleben wir die ersten und oft auch tiefgreifende Frustrationen, Ablehnung bestimmter Verhaltensweisen, emotionalen Rückzug oder Gewalt bei unerwünschten Gefühlen und Handlungen unsererseits.
Als so kleine und biegsame Pflänzchen die wir da noch sind, hat all dies eine unglaublich nachhaltige Wirkung auf uns. Wir sind von unseren Eltern existentiell Abhängig und solange wir ganz klein sind, sind sie für uns wie Götter. Durch sie lernen wir sehr schnell, wie die (oder ihre) Welt funktioniert, was erlaubt und verboten ist.
Diese erste Prägung nehmen wir also mit in unser Leben, wie auch immer sie gewesen sein mag.
Es ist leicht nachvollziehbar, daß wir - solange wir nicht Frieden mit unseren Eltern geschlossen haben und das Kind in uns Erwachsenen nicht geheilt ist- in der Nähe und Intimität die in einer Partnerschaft entsteht, diese erste Prägung in uns auf besondere Weise zum tragen kommt.
Genau genommen findet unsere Partnerwahl schon auf Grundlage dieser Erstprägung statt.
Dabei ist es möglich, sowohl “genau das Gegenteil” des gegengeschlechtlichen Elternteils zu wählen, wie auch “ein Double“. Erst durch die Verarbeitung und Integration dieser Themen kommen wir in die Lage eine Partnerwahl zu treffen, die weitaus freier ist.
Spannend sind auch häufig geäußerte Sätze wie “ich will nie so werden, wie meine Mutter/ mein Vater”. Hier kämpfen wir in uns meist mit dem gleichgeschlechtlichen Elternteil. In der Jugend und im jungen Erwachsenenalter - solange wir noch revoltieren gegen unsere Herkunftsprägungen - gelingt dies oft scheinbar. Um so mehr Jahre jedoch vergehen, bemerken wir wenn wir achtsam sind, daß sehr wohl Anteile beider Elternteile in uns sind und sich im Alltag auch Ausdruck verschaffen.
Haben wir Frieden geschlossen, können wir dies freundlich und wohlwollend begrüßen. Wenn nicht, sind wir eher entsetzt. Haben wir doch so viele Jahre genau dagegen angekämpft.
Doch wogegen wir kämpfen, das werden wir.
Was ist nun aber das eigentlich problematische, wenn in unserer Beziehung die ersten Wunden wieder aufbrechen? Dazu sollten wir uns zuerst bewußt machen, wie wir Menschen Erfahrungen ordnen und abspeichern. Wir tun dies nämlich nicht chronologisch. Wäre dem so, könnten wir völlig gelassen erkennen, daß unser Partner vielleicht gerade anderer Ansicht ist als wir, doch eine tiefe Dramatik hätte das nicht. Wir könnten auseinander halten, daß die Situation des Augenblicks nichts mit irgendeiner anderen aus früherer Zeit zu tun hat. Doch genau dies können wir eben meistens nicht. Und zwar, weil wir Erfahrungen thematisch zusammen fassen.
Wollen wir daraus ein Bild machen, haben wir lauter kleine Fässer in unserem Kopf, die alle unterschiedlich beschriftet sind. Auf einem steht “Minderwertigkeit”, auf dem nächsten “Versagen” usw. Jedes Erlebnis das wir haben wird in diese Fässer gepackt. Wenn wir 30 oder 40 Jahre warten sind sie zum überquellen gefüllt, selbst wenn wir sie immer wieder vergrößert haben.
Nehmen wir an, Du hast ein Faß auf dem “Minderwertigkeit” steht. Nehmen wir weiter an, nicht die erste, aber einige sehr frühe Erfahrungen in diesem Faß haben mit Deinem Vater zu tun. Er hat zu Dir immer wieder gesagt, “was weißt du denn schon, du bist doch bloß ein Mädchen!” oder “aus dir wird nie ein richtiger Kerl!” und ähnliches. Nicht nur, daß er dies verbal ausgedrückt hat, er hat Dich dies bei den verschiedensten Situationen spüren lassen.
Reisen wir wieder in die Gegenwart - 30 Jahre später sagt Dein Mann zu Dir “da mußt du dich nicht drum kümmern, das ist Männersache!”, oder Deine Frau sagt zu Dir “Mensch, reiß dich doch mal zusammen und setzt dich durch, sei ein ganzer Kerl!”
Was passiert (aller meistens zumindest)? Das Faß geht auf und die Gefühlsintensität, die in Dir lostobt übersteigt bei weitem die eigentliche Situation. Zudem kannst Du nicht mehr unterscheiden, wer wirklich vor Dir steht. Du reagierst auf die Summe des Fasses und nicht auf die augenblickliche Situation. Deinen Partner mit seiner Intension dies zu sagen kannst Du auch nicht mehr wahrnehmen, sondern Du projizierst Figuren/ Personen aus der Vergangenheit auf ihn/ sie.
Problematisch ist dies allerdings nur solange, wie es unbewußt bleibt. Jedesmal, wenn wir bemerken, daß unsere Reaktion eine völlig unangemessene Intensität hat, können wir dies als Faden nutzen, um die alten Wunden zu heilen und so mehr und mehr gegenwärtig auf die tatsächliche Situation reagieren.
Fortsetzung folgt...
Ich freue mich auf Dich!