Ganzheitlichkeit in der chinesischen Gesundheitsphilosophie
von Frank Seefelder
Die Hilfen, die ich in meinen Büchern der Reihe „Leitfaden Chinesische Eigentherapie“ vorstelle, basieren auf den Lehren und Erfahrungen der chinesischen Gesundheitsphilosophie.
Das Denken in dieser Philosophie ist grundsätzlich ganzheitlich, es bezieht immer den gesamten Menschen mit ein. Die Ganzheitlichkeit spiegelt sich auch in der Sprache und dem Denken wider, aber der Begriff wird zum Teil inflationär benutzt.
Wenden Sie ihn vielleicht auch selbst an? Wenn ja, was meinen Sie damit, was verstehen Sie darunter, was bedeutet Ganzheit und in welcher Form benutzen Sie den Begriff?
Viele der großen Denker, in allen Epochen und allen Wissenschaftsrichtungen, bezogen in ihre Überlegungen immer wieder die Ganzheitlichkeit ein. Sie erkannten die Ganzheit aller Dinge und gründeten auf dieser Annahme viele Lehren und Forschungen.
»Wer einen Menschen tötet, zerstört ein
ganzes Universum.«
Redensart aus Israel
Das Universum im Menschen besteht nach chinesischer Auffassung aus den drei Elementen: Körper, Geist und Seele. Der Begriff Körper definiert sich als eine Konzentration von Knochen, Organen, Muskeln und Sehnen. Auch der Geist lässt sich noch rational erfassen, wenn er vereinfacht als Steuereinheit des Körpers angesehen wird. Wie aber kann das dritte Element, die Seele, das den Menschen erst zum Menschen macht, in ein verständliches Bild gebracht werden?
In den folgenden Erklärungen finden Sie immer wieder die Begriffe »Yin« und »Yang«. Zum Verständnis dieses Abschnitts genügt es vorerst, zu wissen, dass dieses Denkmodell der chinesischen Gesundheitsphilosophie, die beiden gegensätzlichen Polaritäten innerhalb einer
Einheit, der Ganzheit, beschreibt.
Die chinesische Philosophie hat ein sehr schönes und leicht nachvollziehbares Bild von der Seele gezeichnet. Sie betrachtet die Seele als Verschmelzung von Yin, der Erde, und Yang, dem Himmel – dies sind die zwei Seelen in einem »Seelengebäude«. Die Vereinigung der beiden Elemente ist der Akt, der die Entstehung von Leben darstellt. Solange diese Einheit besteht, lebt der Mensch, und die Trennung beider Seelen bedeutet unwiederbringlich seinen sofortigen Tod.
Die Yin-Hälfte ist der sterbliche Teil, die Yang-Hälfte dagegen ist unsterblich und übernatürlich. Das »Seelengebäude« selbst wird von zwei Energien beherrscht: der sterbliche Anteil von der erdigen, dunklen Energie, denn Yin ist die schattige Seite des Hügels, und die unsterbliche Seele wird von der Himmelsenergie erfüllt und erleuchtet, denn Yang ist die sonnige Seite des Hügels.
Beim Tod kehrt die Yin-Seele zu ihrem Ursprung – der Erde – zurück. Dort zerfällt sie wie die menschliche Hülle und wird so wieder zu einem Bestandteil der Erde und zum Ursprung neuen Lebens. Misslingt diese Umwandlung, werden die Toten zu Dämonen, Gespenstern und Geistern. Es sind Wesen, die kein Menschenleben mehr führen, aber auch nicht zu ihrem Ursprung zurückkehren können.
Was geschieht mit der Yang-Seele? Der unsterbliche Teil wird nach der Trennung vom Körper durch die Atemenergie zum Himmel getragen und erstrahlt dort als helles Licht. Dieser Glaube ist der westlichen Gesellschaft nicht so fremd, wie es auf den ersten Blick erscheinen mag. Stirbt ein Mensch, haucht er umgangssprachlich sein Leben aus, und der finale Atemzug beendet das irdische Dasein.
Das verbindende Element zwischen Körper, Geist und Seele ist die Energie. Sie sorgt für die geistige Klarheit, die zur Stabilisierung des Körpers und seiner Funktionstätigkeit notwendig ist. Aus dieser Harmonie entstehen das seelische Wohlbefinden und das ganzheitliche Gefühl, mit sich und der Welt im Reinen zu sein.
Sind alle Elemente zu einem harmonisch aufeinander abgestimmten Ganzen vereint, ist man gesund. Bei einer Krankheit ist das Verhältnis zwischen den Elementen unharmonisch. Ganzheitlichkeit ist auch eine wichtige Komponente für Ihr Berufs- und Privatleben.
Besonders auf Ihre Gesundheit bezogen sollten Sie auf eine ganzheitliche Lebensweise achten. Erklären Sie sich einmal die Bedeutung des Satzes: »Ich bin gesund.« Wann würden Sie von sich behaupten, dass Sie gesund sind? Tendieren Sie dazu, Gesundheit an körperlichen oder geistigen Faktoren zu bemessen?
Auf die Frage nach der Definition von »Gesundheit« antworten die meisten Menschen ganz spontan: »Gesundheit bedeutet, nicht krank zu sein.« Doch Gesundheit bedeutet noch vieles mehr. Die Weltgesundheitsorganisation hat versucht, den Begriff unter einem ganzheitlichen Aspekt zu erklären. Sie kam 1948 dabei zu folgender Definition: »Gesundheit ist der Zustand völligen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens und nicht nur das Freisein von Krankheit und Gebrechen.«
Die Psychosomatik (griech. »psyche« bedeutet »Geist«, griech. »soma« bedeutet »Körper«) stellt den Bezug zwischen geistigen und körperlichen Reaktionen her. Eine psychosomatische Gesundheit ist die Folge des ausgewogenen Zusammenspiels aller Kräfte im Menschen. Unter einer psychosomatischen Erkrankung versteht man eher Krankheiten, bei denen körperliche Beschwerden stark oder ausschließlich vom psychischen Befinden des Patienten beeinflusst werden.
Der zweite Teil zum Thema „Ganzheit“ folgt demnächst
Ihr Frank Seefelder
Teil 1 |
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