Zwei Sichtweisen zu Allergien und Asthma.
von Frank Seefelder
Diese beiden Beschwerdebilder, haben es in wenigen Jahrzehnten geschafft, den unrühmlichen Status einer „Volkskrankheit“ zu erlangen. Kennen Sie keine Betroffenen, oder wie sieht es in Ihrem Familien-, Freundes- und Bekanntenkreis aus? Sowohl in der westlichen, als auch in der chinesischen Medizin werden Allergien mit einer Immunschwäche beziehungsweise mit der Unfähigkeit des Immunsystems in Folge mangelnden Trainings in Verbindung gebracht.
In der Kindheit wird die Abwehrfähigkeit ausgeprägt und selten trifft die Volksweisheit mehr zu als in diesem Bereich: „Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmer zu“. Bereits im Mutterleib und anschließend in früher Kindheit werden die Anlagen erworben, die einen Menschen Zeit seines Lebens robust und abwehrstark oder anfällig machen.
Wenn sich eine Pollenallergie austobt, findet nach westlichem Denken eine überschießende Reaktion des Immunsystems auf vermeintliche Angreifer in Form von eigentlich harmlosen Pollen statt. Diese haben eine ähnliche Form und Größe wie echte „Schädlinge“, die Viren, und das kann als Erklärung dafür dienen, dass die Reaktion gleich abläuft, wie wenn es um einen Eindringling geht, der die Gesundheit wirklich beeinträchtigen kann. Das Immunsystem kann ungefährliche Pollen nicht von schädlichen Viren unterscheiden. In dieser Situation spielt es keine Rolle, ob Polle oder Virus eindringen will, die Abwehr arbeitet auf Hochtouren.
Über die Ursachen der Krankheit lässt sich lange und ausführlich streiten und das wird auch von den Wissenschaftlern getan. Übertriebene Hygiene beispielsweise scheint ein Problem bei der Entwicklung eines leistungsstarken Immunsystems zu sein. Kindern, denen nicht mehr erlaubt wird, sich mit Schmutz zu „infizieren“, weil die Eltern den vermeintlichen Griff in den Schmutz nicht erlauben, wird die Chance entzogen, sich eine starke Immunabwehr anzutrainieren. Was der Körper in jungen Jahren nicht kennen lernt, darüber kann er sich keine Meinung bilden. Er erfährt nicht, ob tatsächlich Gefahr besteht oder doch etwas eher Harmloses geschieht. Übervorsichtige Eltern entziehen ihren Kindern diesen Lernweg ihres Körpers.
Schutzimpfungen bei Kindern sind ein weiterer fester Bestandteil der Diskussion, warum Allergien und Asthma, besonderes auch im Kindesalter gehäuft auftreten und warum die Kurve von Erkrankungen immer weiter ansteigt. Was sollte wirklich zum Schutz eines Kindes geimpft werden und was ist schon übertrieben? Darüber scheiden sich die Geister.
Worin allerdings ein erhebliches Potential zur Schwächung der Abwehr vorborgen liegt, ist die Tatsache, dass Antibiotika sehr schnell zum Einsatz kommen. Leider geschieht das sehr häufig schon zu einem Zeitpunkt, wo der Körper des Kindes den Kampf gegen den Eindringling gerade aufgenommen hat. Es findet ein Kräftemessen zwischen krankmachendem Faktor und der Abwehrkraft des Kindes statt. Dieser Kampf sollte erst dann mit Antibiotika unterbrochen werden, wenn das Immunsystem signalisiert, das es am Ende seiner Fähigkeiten ist. Bis zu diesem Zeitpunkt konnte es aber dann dazulernen.
Wie soll das Immunsystem auf andere Art und Weise trainiert werden, im Umgang mit Eindringlingen adäquat zu reagieren? Jede körperliche Weiterentwicklung funktioniert nur durch Training. Die Muskulatur muss ausgebildet, die Sehnen und Bänder müssen regelmäßig gedehnt und auch das Herz muss durch Training gestärkt werden. Wieso sollte das Immunsystem dabei eine Ausnahme bilden? Mit den Aufgaben, die ihm gestellt werden, wächst auch die Leistungsfähigkeit der Abwehr. Ohne Herausforderung gibt es kein Wachstum und keine Steigerung der vorhandenen Fähigkeiten. Das ist der evolutionsgeschichtliche Weg, den wir gehen.
Antibiotika sind sicher ein wichtiger Bestandteil der Medizin, daran gibt es keinen Zweifel. Aber wie oft kommt es in der Praxis vor, dass es gar nicht für das Kind, sondern die Eltern verordnet wird? Antibiotika für das Kind sind doch manchmal nur Beruhigung für die Nerven der Eltern. Und selbst an diesem Punkt muss ich noch eine Lanze für die Verabreichung von Antibiotika brechen, denn übernervöse oder gar hysterische Eltern, sind Kindern und besonders Kleinkindern keine wirkliche Hilfe beim Überwinden einer gesundheitlichen Krise. Es ist ganz klar, dass es Ihrem Kind nicht gut geht, wenn es krank ist, aber die Grenze der „überschießenden“ Behandlung zu überschreiten, kann zur Folge haben, dass der Körper Ihres Kindes nicht lernt, sich zur Wehr zu setzen und zu unterscheiden, was harmlos und was wirklich gefährlich ist.
Erkältung trägt als Wortbestandteil die „Kälte“ in sich. Kälte, die von außen eindringt und krank machen wird. Eine allergische Reaktion ist eine überschießende Entzündungsreaktion. Nach den Yin und Yang Grundsätzen gleicht der Körper eine Disharmonie dadurch aus, dass er versucht, den schwachen Bereich zu stärken und damit dem zu starken Bereich den Einfluss auf das Geschehen zu nehmen. Dringt die Kälte der Erkältung in den Körper ein, versucht er das durch die Entstehung eines „inneren Feuers“ auszugleichen.
Auch wenn der Schutz gegen das Eindringen von außen gar nicht erforderlich ist, wie das beim Allergiker der Fall ist, weil es gar keinen Kälteangriff gibt, reagiert der Körper gleich. Er kann nicht unterscheiden und dadurch entsteht Hitze. Hitze entspricht dem Element Feuer und Hitze fördert Trockenheit. Diese Entwicklung spiegelt sich auf der Haut des Allergikers wider.
Die Reaktion des Körpers ist also völlig richtig, Kälte mit Hitze zu bekämpfen, das Problem besteht darin, dass der Körper sich in seiner Einschätzung der Situation irrt, weil er es nicht gelernt hat, Erfolg, von Misserfolg zu unterscheiden, eine bedrohliche von einer harmlosen Situation gegeneinander abzugrenzen.
Das sind alles Dinge, die in der Vergangenheit bereits geschehen sind und auf die wir in die Zukunft blickend nicht weiter eingehen wollen. Denn es liegt keine ausweglose Situation vor, an der Verbesserung lässt sich arbeiten.
Dem ganzheitlichen Wesen der chinesischen Heilkunde entsprechend, wird keine Allergie oder kein Asthma behandelt, sondern um Möglichkeiten zur Verbesserung des Zustandes zu finden, wird der ganze Mensch in Augenschein genommen. Im Fall der Allergie und des allergischen Asthmas sind das die Nase, die Augen und die Funktionskreise „Milz“ und „Niere“. Und da Allergien, aber auch Asthma grundsätzlich mit einem gestörten Abwehverhalten des Körpers zusammenhängen, muss auch die „Lunge“ in diese Betrachtung mit einbezogen werden.
Die „Lunge“ ist verantwortlich, dass die Abwehrkraft, das so genannte Wie Qi, in ausreichendem Maß vorhanden ist und gleichmäßig außerhalb der Meridiane verteilt wird. Wei-Qi umhüllt uns im Idealfall wie eine Schutzschicht dicht unter der Körperoberfläche. Es bildet das äußere Schutzschild gegen Angriffe, die vor allem durch klimatische Faktoren wie Hitze, Kälte, Nässe und anderen erfolgen können. Ist das Wei Qi ausreichend vorhanden und gut verteilt, werden wir selten erkältet sein, auch wenn alle um uns herum husten. Eine Stärkung dieser Abwehrkraft und der anderen, involvierten Funktionskreise, kann bei Asthma und Allergien zu ganz ausgezeichneten Ergebnissen führen.
Herzlichst Frank Seefelder