Liebe und Beziehung die Bedenken, Ängste und Emotionen
von Sylvia Bieber -
Irene und Heinz – Die Beziehungspflege geht weiter
„Wir werden in Beziehung geboren,
wir werden in Beziehung verletzt,
und wir können in Beziehung heilen.“
(Harville Hendrix)
Liebe Leserin, lieber Leser, erinnern Sie sich noch an Irene und Heinz? Die Irene und Heinz sollten sich für ihre Beziehung wöchentliche Zeiten des Redens einräumen. Die Abmachung war, einmal wöchentlich 2 x jeweils 15 Minuten im Wechsel ein Zwiegespräch zu halten. Diese Termine sollten tunlichst eingehalten und der Verschieberitits keine Chance gegeben werden.
Nun sind sie wieder in meiner Coachingpraxis und berichten:
Der erste Termin ist gleich geplatzt, Irene lag zum vereinbarten Termin mit Migräne im abgedunkelten Raum und war zu nichts fähig. Den Ersatztermin hat dann Heinz in den Sand gesetzt. Auf dem Heimweg von der Arbeit hatte er einen Verkehrsunfall. Er war einem Auto an einer roten Ampel hinten drauf gefahren. Nun musste er zur Werkstatt, Versicherungsfragen klären, etc.
Die erste Woche war somit vorbei und noch nichts bezüglich tiefer gehender Kommunikation geschehen. Außerdem schoben sich beide die Schuld am Nichtzustandekommen der Termine gegenseitig in die Schuhe: „Immer wenn etwas Wichtiges ansteht, hast Du Migräne“, war Heinz Vorwurf an Irene. „Das war die dritte Karambolage in diesem Jahr“, konnte Irene sich nicht verkneifen, ihm vorzuwerfen.
Solche Verhinderer, für die ja „niemand etwas kann“, erlebe ich sehr häufig bei Paaren, die damit starten wollen, an ihrer Beziehung etwas zum Positiven zu verändern. Das alte Verhalten ist so manifestiert, dass jedwede Neuerung unbewusst sabotiert wird.
Es ist schon interessant, da putzen wir täglich mehrmals unsere Zähne, gehen regelmäßige zum Zahnarzt und bringen turnusmäßig unser Auto zur Inspektion. Von einer Paarbeziehung jedoch erwarten wir häufig, dass sie einfach und pflegeleicht gelingt. Dass sie funktioniert, ohne dass wir uns großartig darum kümmern, geschweige denn, dass wir an unserem Verhalten etwas ändern müssen. Dass sie gedeiht, ohne dass sie genährt werden müsste.
Meine Herangehensweise an ein Beziehungscoaching geht von dem Grundgedanken aus, dass wir im Partner jemanden suchen, mit dem wir Verletzungen unserer Kindheit wieder in Szene setzen, um gemeinsam zu wachsen und zu heilen. Deshalb ist auch der Partner, der gerade an meiner Seite ist, genau der Richtige, um diesen Wachstumsprozess zu initiieren und zu forcieren.
Gehe ich diesem Prozess aus dem Weg und trenne mich, habe ich mit dem nächsten Partner immer noch das gleiche Thema zu lösen. Vielleicht zeigt sich dieses in einem anderen Kleid, doch darunter steckt derselbe Körper.
Deshalb leite ich meine Klienten an, ihr eigenes inneres Kind ebenso verstehen und erfühlen zu lernen, wie das des Partners, der Partnerin. Voraussetzung dafür ist vor allem die Bereitschaft, an sich selbst und an der Beziehung arbeiten zu wollen und dass wenigstens noch ein Funke LIEBE da ist.
Dies mache ich Irene und Heinz deutlich. Frage nochmal explizit nach, ob sie wirklich an ihrer Beziehung arbeiten möchten und ob sie auch unbequeme Fragen meinerseits nicht scheuen. Da dies beide vehement bejahen, steige ich diesbezüglich auch gleich ein.
Die Frage an Irene: „Können Sie sich an Ihren ersten Gedanken erinnern, als Sie bemerkten, dass eine Migräne im Anmarsch ist?“ Sie antwortet mit einem schrägen Seitenblick auf Heinz: „Ich dachte, Gott sei Dank, jetzt brauche ich dieses Gespräch nicht zu führen.“ Heinz schaut sie ganz entgeistert an und gesteht dann kleinlaut: „Ich hatte denselben Gedanken, als es bums gemacht hat.“ Beide fangen dann zaghaft an zu lachen und als sie bemerken, dass der andere nicht sauer ist, lachen sie, bis die Tränen fließen.
Jetzt können wir darüber reden, welche Ängste bewirkt haben, dass sie sich Situationen kreierten, die verhinderten, dass ein tiefer Austausch möglich wurde. Irene weiß sofort um ihre Befürchtung. Sie hatte Bedenken, dass Heinz sie mit seiner messerscharfen Logik und seiner geschliffenen Rhetorik in Grund und Boden debattieren würde.
Bei Heinz dauerte es etwas, bis er sich und Irene eingestehen konnte, dass er vor ihrer Emotionalität und ihren Tränen Angst hatte. Für diese Reaktion kannte er bisher nur zwei Abwehrmechanismen: Argumente oder Flucht in die Arbeit.
Nachdem sich die beiden ihren größten Ängsten vor so einem intensiven Gespräch gestellt haben, sind sie nun bereit, einen weiteren Anlauf zu starten. Lächelnd schauen sie sich in die Augen und nicken sich versöhnlich zu.
Ich bin auf unseren nächsten Termin gespannt. Liebe Leserin, lieber Leser, ich werde berichten.
Herzlichst
Sylvia Bieber
www.sylvia-bieber.de
Hier mehr interessantes zum Thema "BewusstSEINCoaching" von Sylvia Bieber.
Teil 1 | Teil 2 | Teil 3 | Teil 4