Ist die Sprache vom Dritten Auge, dem „Inneren“, sind viele gleich fasziniert. Wenn gar von einem Sehen mit diesem Auge die Rede ist, entstehen tiefe Gefühle. Mit sehr starken Gefühlen in dieser Arbeit hat dieses Sehen zu tun, aber wie immer der Reihe nach, vom relativ einfachen zum nahezu unbegrenzten Sehen in anderen Dimensionen und Welten.
Beim einfachen Sehen mit dem Inneren Auge, was ist da schon einfach, passiert ein Ablauf von „SCHÄRFE zur UNSCHÄRFE und anschließend wieder zur SCHÄRFE“. Also von innen heraus sehen heißt u.a. etwas sehen, das so beim Sehen mit den beiden bekannten Augen, den äußeren, alleine nicht möglich ist. In dieser einfachen Form des Sehens mit dem Inneren Auge braucht es noch beide Augen. Möchte jemand sehen, was um ihn herum passiert, das er eben sonst nicht wahrnehmen kann, sieht er, z.B. in der freien Natur stehend, einfach in eine bestimmte Richtung und trübt das Sichtfeld beider Augen ein. Ein etwas entferntes Beispiel, aber doch, ähnlich wie wenn ein Bild aus einer Distanz betrachtet und dabei die Schärfe des Blickes zurück genommen wird, um Strukturen eines Inhalts und Aufbaus zu erkennen. Anschließend sind allmählich die Ränder des Sehfeldes aufzuklaren, zu schärfen. Bald zeigen sich sonst verborgene Bewegungen, Vorkommnisse, auch Bilder in einem immer deutlicheren Wahrnehmungsprozess an den Rändern des Sehfeldes. Mit intensivem Üben ist die Trübung des Sehfeldes zum Zentrum hin immer mehr zu verkleinern, bis letztlich vieles an fremden Existenzen immer deutlicher mit SCHÄRFE gesehen werden kann.
Das poetische Wortspiel „der Wind des Lebens“ steht für einen Steigerung im Sehen mit dem Inneren Auge. Die, die im Wald leben, sagen schon von Alters her: Der Wind ist der große Schwätzer. Warum? Hier kommt das Begriffspaar Poesie und Grammatik der Natur ins Spiel. Die Natur erzählt von sich in einer poetischer Weise. Um diese Poesie zu verstehen braucht es eine Grammatik, eine Ordnung des Lesens der Natur. So ist es Waldwesen möglich, mit Hilfe des großen Schwätzers vom Geschehen weit aus der Ferne zu erfahren. Nebenbei bemerkt, nicht nur mit Hilfe des Windes.
In ähnlicher Weise passiert ein Wind des Lebens auf kurzer Distanz zwischen einer Singularität, wie z.B. einem Menschen, einer anderen Singularität oder einer Vielfalt an Leben. Gibt es ein Gegenüber zwischen zwei oder mehreren Leben, in welcher Form auch immer, beginnt der Wind des Lebens vom einen zum anderen zu wehen - wechselseitig. Dieser Wind des Lebens kann mit dem Inneren Auge, dem Dritten, wahrgenommen werden. Ob hierbei schon verstanden wird, ist eine andere Sache, tatsächlich passiert Austausch, findet Kommunikation statt. Eine Kommunikation nicht nur im Vorgang des Hörens, sondern auch mit Sehen und Erkennen des Angekommenen und das nahezu ausschließlich im Selbst des Inneren. Das Dritte Auge, das „Innere“, sieht in sich, in seiner Welt, das Ankommende, das ihm in einer poetischen Weise von Außerhalb erzählt, manchmal mehr, oft weniger, aber meist sehr kryptisch. Das Verstehen ist dann ein weiterer Schritt im Vorgang des Sehens. Hier fließen Hören, Sehen und Verstehen ineinander, folgt daraus Erkenntnis. Bedingung ist aber u.a. größtmögliche Offenheit in der Kommunikation.
Nun zu einer noch höheren Qualität des Sehens mit dem Inneren Auge. Diese verlangt vom Sehenden einiges ab. Um für dieses Auge genügend Freiraum, Perspektive und Tiefe nach außen zu bekommen, benötigt es ein größtmögliches Öffnen des eigenen Selbst, hin zu der oder in die Welt, in die gesehen werden möchte. Da hilft es nicht, wenn wie so oft gesagt wird, "ich bin offen für alles". Das ist meist eine Platitude der Ahnungslosen. Notwendig ist ein Öffnen im absoluten Vertrauen dem Gegenüber, dem es gilt, es in seiner Tiefe zu „durchschauen“. Das kann ein Mensch sein, ein anderes Lebewesen oder rätselhafte Wesen und Existenzen, die der Mensch so überhaupt nicht kennt. Also kein Durchschauen im sprichwörtlichen Sinne, sondern ein Vorgang des Durchsehens, transparent machen etc. Während eines solchen Vorgangs ist so viel wie möglich mitzunehmen, zu erfahren und vor allem zu erkennen. D.h. Erkenntnis und Verstehen zu gewinnen.
Das ist aber nur die halbe Seite. Vom Gegenüber verlangte es auch große Offenheit. Und es hört sich hart an, nahezu beängstigend, aber letztlich kann mit besonderen, mühsam erworbenen Fähigkeiten jedes Gegenüber, jedes begegnende Innerste geöffnet werden. Eine große Gefahr besteht aber in einer ebenso großen Verletzbarkeit beider Teilhabenden. Es findet ein wechselseitiger Prozess eines Ineinandergehens und -fließens statt. Dies ist eine der Bedingungen für ein Öffnen im Sehen mit dem Inneren Auge von Tiefe und Tiefen im Anderen – nicht zu vergessen auch die meist im Nebel verborgenen Höhen.
Je weiter sich am Sehen Versuchende auf dem Weg des Erfahrens mit dem Inneren Auge gehen, umso mehr bleiben auf der Strecke. Sehr wenigen ist es vorbehalten, die hierfür notwendige Dimension zu öffnen. Wie ist das zu verstehen? Jeder und jedes ist eine Welt für sich, obwohl scheinbar Jeder und Alles in dieser vermeintlich großen Welt leben, existieren. Wird das Innere Auge aktiv, legt es zuerst einen Pfad, eigentlich eine Tunnelung, von seiner Welt zur Welt des Gegenübers, holt dabei diese Welt zu seiner Welt heran. Aktiv, zumindest zuerst, ist immer die eigene Welt. Das Innere Auge wirkt weiter und verstärkend, bis beide Welten ineinander zu fließen beginnen. Mehr oder weniger freiwillig. Mit dem Ineinanderfließen vereinigen sich Welten von Singularitäten bzw. auch Vielheiten (Pluralitäten) wie z.B. Menschen mit Menschen, Menschen mit Bäumen, mit dem Wald und vieles mehr. Nie decken sich bzw. fließen Welten zur Gänze ineinander. Im Idealfall durchdringen Welten sich. Dh. sie gehen über ein Berühren, Tangieren hinaus und schaffen so etwas wie eine Schnittmenge, dabei entsteht eine Mischwelt. Diese Mischwelt ist ein Raum für sich, ist mehr als ein Raum des Begegnens, in ihm beginnt um ein Vielfaches mehr zu wirken, als nur Gefühle oder ein Sehen. Dieser Raum hat seine eigene Dimension. Seine Krümmung wirkt neben einer neu entstehenden Gefühlsskala auch auf die Zeit, verändert sie. Ein neuer Raum und eine andere Zeit bedingen eine Wandlung dieser Mischwelt. Im Öffnen und Verändern von Raum und Zeit generiert das Innere Auge über die Mischwelt hinaus Partikel fremder Welten, formiert sie, formatiert, formt rückwirkend die alte Mischwelt neu. Nun aber genug, jetzt wird es ein wenig kompliziert, denn die so oft gewünschten einfachen Fragen und Antworten gibt es in den den Menschen fremden Welten nicht.
Armin vom Silberwald, einer der alten Meister des Waldes und Elfenmeister; einer der die Nacht, den Mond und die Dunkelheit liebt.
Schwazer Silberwald im neunen Silberwaldjahr, im Zeichen der Biene
(Black Basis Photography Series Armin from Silverforest)