Spiritualität: Initiation in die Freiheit.
von Karl Gamper - Kolumne.
In der Reise des Helden, wie sie der Mythenforscher Joseph Campbell (1904-1987) unvergleichlich analysierte und dokumentierte, gibt es den Punkt der Initiation bei jedem Menschen, der den Call – also den Ruf des Göttlichen – hört und?
Und diesem auch folgt!
Die Initiation ist dabei die Transformation des Helden. Hier nimmt er das Elixier in Empfang, das ihn mit der geistigen Welt für immer verbindet. Danach hören weder das Leiden noch die Herausforderungen auf – doch alles bekommt einen tieferen Sinn.
Nach der Initiation zögert der Held – und wir alle sind dieser Held, diese Heldin – in die Welt des Alltags zurückzukehren. Doch zaudern hilft nicht. Das Leben in seiner Weisheit zwingt ihn in den Alltag. Dort muss er das in sich Gefundene und Errungene integrieren. Gelingt ihm das, so wirkt er mit seiner Geliebten zum Wohle der Seinen. Und wenn er nicht gestorben ist, so lebt er weiter.
MONOMYTHOS UND INITIATION
Die Heldenreise von Campbell ist die Matrix, aus der unzählige Filme und Bücher gestrickt sind. Auch die Archetypenlehre von Carl Gustav Jung folgt den Einsichten von Campbell als einer Art "Monomythos", der allen Geschichten die Basis gibt. Legen wir die Heldenreise auf eine Uhr und bewegen uns gegen den Uhrzeigersinn, dann ist die Neun der Punkt, wo der Held den Call hört. Geht er weiter, begegnet er dem Drachen als Sinnbild für die unweigerliche Schattenarbeit. Die Herausforderung von uns allen ist, den Schatten in uns zu integrieren, fühlend zu erlösen und schließlich zu verstehen. Zumindest in seinen Grundzügen.
Die Initiation erfolgt dann bei Punkt sechs. Wie gesagt, die Herausforderungen hören nicht auf, doch sie werden sinnhaft. Projektionen werden mehr und mehr durchschaut und wir übernehmen Verantwortung für das Mysterium des eignen Lebens. Am Punkt drei bildet sich ein größeres WIR. Die Reise des Helden kippt ultimativ vom Nehmen ins Geben. Der Held beginnt, sich der Welt zu schenken.
INITIATION AUS SCHAMANISCHER SICHT
Alberto Villoldo sagt: "Der Schamane erkennt, dass alle Probleme, die uns begegnen, durch ungeheilte Emotionen verursacht werden, die unsere Wahrnehmung der Realität verdrehen. Um jedes Problem zu lösen, müssen wir unsere Emotionen heilen." Sind wir von Emotionen befreit, verändern sich auch unsere Gedanken. Verändern sich unsere Gedanken, verändern sich die neuronalen Bahnen unseres Gehirns. Nochmals Villoldo: "Unser Denken zu verändern ohne unser Gehirn zu verändern ist einfach nur ein schöner Wunschgedanke."
KARAWANE DER FREUDE
Da Emotionen unseren Schmerzkörper bilden, ist es von zentraler Bedeutung, zwischen Emotionen und Gefühlen unterscheiden zu können. Emotionen sind nicht gefühlte Gedanken. Diese versickern nach gewisser Zeit im Keller unserer Aufmerksamkeit und führen ein dunkles Eigenlegen. Dunkel deshalb, weil sie vom Licht der Aufmerksamkeit nicht erfasst sind.
Initiation ist daher nicht nur aus schamanischer, sondern auch aus der Sicht einer Reise nach NeuLand unmittelbar damit verbunden, das Wirken von Emotionen zu verstehen.
Fazit: Emotionen sind keine Gefühle. Emotionen sind nicht gefühlte Gedanken. Emotionen lösen sich auf, in dem wir sie willkommen heißen und sie fühlen. So wird die Reise des Helden zu einer Karawane der Freude. Initiation setzt die Kraft des Fühlens frei. Feeling Is The Secret.
Herzlichst
Karl Gamper