Körperliches Training und seine positiven Auswirkungen auf unseren Organismus.
von Dr. med. Roger Eisen -
Warum Sport?
Wir wissen heute genau, dass bestimmte Verhaltensweisen bzw. Risikofaktoren die Anfälligkeit für das Auftreten bestimmter Krankheiten erhöht. Hierzu gehören Rauchen, Alkohol, Bluthochdruck, Übergewicht, falsche Ernährungsgewohnheiten und - ganz wichtig – Bewegungsmangel.
Dieser Bewegungsmangel begünstigt die Entstehung von Herz- und Gefäßerkrankungen sowie Schäden an unserem Bewegungsapparat.
Die Größenordnung der Todesfälle durch Bewegungsarmut ist in etwa so hoch, wie durch das Rauchen.
Neue Untersuchungen haben gezeigt, dass 2/3 aller Deutschen keinerlei Sport treibt und körperlich daher völlig untrainiert ist. Diese Entwicklung beginnt bereits im Kindergarten und in der Schule.
Beliebter werden leider nur die neuen Extremsportarten, wie Drachenfliegen, Fallschirmspringen, Tauchen usw., die gesundheitlich jedoch wertlos sind und teilweise ein hohes Verletzungspotential aufweisen.
Die Ausdauerleistungsfähigkeit nimmt mit zunehmendem Alter immer mehr ab. Während aber bei Untrainierten über 30 Jahre pro Lebensdekade ein Abfall von 9% stattfindet, ist der Abfall bei Trainierten nur maximal 5%.
Was bewirkt sportliche Betätigung?
Die positiven Wirkungen sind so umfassend, dass im Folgenden nur die wichtigsten Einflüsse auf unseren Organismus beschrieben werden sollen:
1. Muskulatur:
Bei einer Intensität der Belastung von mind. 50 % der maximalen Leistungsfähigkeit kommt es zu einer Massen- und Kraftzunahme.
Der Sinn einer gut entwickelten Muskulatur besteht in einer besseren Stabilisierung des passiven Halte- und Stützapparates (Gelenke und Wirbelsäule) und einer verbesserten Ausdauerleistung. Durch eine Erhöhung des Energieumsatzes, der maßgeblich für den Kalorienverbrauch verantwortlich ist, wird einer Entstehung von Übergewicht entgegengewirkt und bei vorhandenem Übergewicht der Fettabbau im Rahmen einer Diät gefördert.
2. Herz / Kreislauf:
Ökonomisierung der Herzfunktion, d. h. durch Reduzierung der Herzschläge pro Minute wird die Herzarbeit wesentlich vermindert und die Durchblutung der Herzkranzgefäße verbessert. Zusätzlich kommt es zur Ausbildung eines besonders leistungsfähigen Herzmuskels, der wesentlich mehr Leistung bringen kann, als der eines Untrainierten. Auch der Kreislauf wird für Belastungen widerstandsfähiger und ein erhöhter Blutdruck wird gesenkt.
Das Sportlerherz ist ein gleichmäßig und harmonisch vergrößertes, besonders leistungsstarkes Herz, das sich ohne Belastung wieder ohne Probleme zurückbildet. Neben den positiven Veränderungen am Herzmuskel kommt es auch zu einer Erweiterung der Koronarien und vermehrten Ausbildung von Umgehungskreisläufen.
Das Schlagvolumen in Ruhe beträgt beim Untrainierten etwa 70 ml, beim Trainierten etwa 105 ml. Unter Belastung 120 ml zu > 200 ml.
Eddie Mercks, 3-facher Rad-Weltmeister, hatte übrigens ein Herzvolumen von 1700 ml, ein normales Männerherz hat ca. 750 bis 800 ml.
Das Schlagvolumen fällt beim Untrainierten bei hohen Herzfrequenzen wieder ab (Optimum bei 110-120 /Min), der Trainierte hingegen hält es bis in hohe Frequenzen (200/Min) konstant.
(HMV von 5 l in Ruhe auf etwa 40 l bei Belastung, der Untrainierte 20-25 l).
All diese Veränderungen bewirken eine Senkung der Herzfrequenz in Ruhe. (Senkung um 10 Schläge/Min. bewirkt Energieeinsparung um etwa 15%!).
Die niedrigsten jemals gemessenen Ruheherzfrequenzen bei Skilangläufern der Weltspitze lagen bei unter 30 Schlägen pro Minute.
Ausdauertraining bewirkt eine Erhöhung der Kapillardichte durch Kapillarneubildung im Muskelgewebe. Schließlich führt eine verbesserte intramuskuläre Blutverteilung zu einer höheren Durchblutungsrate bei Belastung.
3. Atmung:
Erhöhter Sauerstoffbedarf unter Belastung bewirkt umfangreiche Anpassungsvorgänge auch des Atmungssystems mit einer Verbesserung der Sauerstoffaufnahmekapazität.
4. Bewegungsapparat:
Stärkung der Knochen (wichtig für die Vorbeugung und Behandlung einer Osteoporose!), Sehnen, Bänder und Gelenke (Stärkung des Gelenkknorpels bei Arthrose).
5. Stoffwechsel:
Stabilisierung des Blutzuckerspiegels, eventuell Normalisierung eines erhöhten Blutzuckerspiegels beim Diabetiker durch Entlastung der Bauchspeicheldrüse. Stärkung der Leberfunktion (Entgiftung!). Mit zunehmendem Trainingszustand kann vermehrt Fett zur Energiegewinnung herangezogen werden. Der Stoffwechsel ist bei Übergewichtigen auf Fettspeicherung und Ablagerung in den Depots ausgelegt, beim Trainierten eher auf Fettverbrennung und Wärmegewinnung. In Kombination mit einer Diät werden erhöhte Blutfette gesenkt.
6. Innere Drüsen:
Steigerung der Funktion zur Ökonomisierung der Hormonausschüttung und Verbesserung der Stresstoleranz.
7. Nervensystem:
Erhöhung der geistigen Leistungsfähigkeit, der Merkfähigkeit und Konzentration.
8. Psyche:
Geeignetes Mittel zum Aggressionsabbau und Stressausgleich. Sport schützt vor den schädigenden Auswirkungen von chronischem Ärger und Überforderung. Er fördert den Schlaf und hat eine ausgleichende Wirkung.
Sport mobilisiert die Selbstheilungskräfte unseres Körpers und führt zu innerer Ausgeglichenheit und Zufriedenheit. Sportler sind in der Regel ruhiger, gelöster und entscheidungsfreudiger.
9. Immunsystem:
Moderat und sinnvoll durchgeführter Sport führt zu einer deutlichen Stabilisierung der Immunabwehr, Stärkung der Abwehrkräfte gegen Infektionen und geringerer Krebsgefahr.
Wird Sport dagegen übertrieben (und gerade im Hobbybereich wird oft zu intensiv trainiert!) kommt es zu einer Immunsuppression (reduzierte Immunabwehr) mit einer erhöhten Infektionsrate.
Tipp:
Gut trainierte 70-Jährige können ohne weiteres einen schlecht trainierten 30-Jährigen in Grund und Boden laufen.
Das Thema meines nächsten Artikels beschäftigt sich mit den Risikofaktoren des Bewegungsmangels.
Bleiben Sie fit und gesund -
herzlichst Dr. med. Roger Eisen