Heilung trotz Liebe.
von Oliver Unger -
Ein Auszug aus meinem neuen Buch, das gerade entsteht: "Heilung trotz Liebe".
Liebe und Emotionen können unabhängig voneinander existieren. deshalb können Mütter uns lieben und uns gleichzeitig trotzdem, wie man so neumodisch-therapeutisch sagt, "emotional vernachlässigen" oder "emotional missbrauchen".
Der Mensch braucht auf der emotionalen Ebene einen Spiegel, einen Beistand, auch Trost, manchmal sogar eine Art "korrigierende Erfahrung". All das kann er aber auch von anderen Menschen bekommen, zum Beispiel von Freunden oder Therapeuten.
Die Liebe, die von der Mutter kommt, egal wie diese Frau sich verhalten hat, was sie getan oder nicht getan hat, ist unersetzbar, einzigartig und unermesslich.
Wir erwarten, dass die Emotionen und das Verhalten der Mutter immer so sind, wie wir uns das gewünscht und für gut geheißen hätten und übersehen, gefangen in den Wirren unserer Vorstellung und Erwartung, die Größe ihrer Liebe. Diese Liebe, die eine Mutter einfach immer hat, hat sie einfach nur, weil sie eine Mutter ist und Gott Mütter so erschaffen hat.
Durch dieses anspruchs- und erwartungsvolle Übersehen der Liebe nehmen wir uns selbst etwas weg. Die Mutter und die Liebe, die durch sie kommt, zu nehmen bedeutet hingegen, ihr Verhalten als menschlich anzuerkennen, über es hinauszuschauen, über ihre Emotionen hinauszuschauen und in die weite ihrer gottgegebenen Liebe zu blicken, mit der wir von ihr gesegnet sind.
Und schon erscheint uns unser Anspruch an sie vergleichsweise kleingeistig, ja im Angesicht des Wunders, das durch sie und in ihr passiert, fast peinlich.
So wie wir der Mutter gegenübertreten, mit der gleichen Sicht, dem gleichen Anspruch, treten wir auch dem Leben gegenüber. Schauen wir über unseren Anspruch dem Leben gegenüber hinaus und erkennen, dass alles, was geschieht, Liebe ist, erscheinen unsere Vorstellungen, unsere Regeln und unsere Ansprüche plötzlich kleingeistig, ja im Angesicht der Wunder, die es vollbringt, fast peinlich.
Herzlichst Oliver Unger