Kennen Sie das? Schnell nochmal bei Facebook reinschauen. Schnell nochmal durch das Fernsehprogramm zappen. Schnell nochmal… und schwups, ist die Zeit verflogen und es bleibt weniger Zeit für das Wesentliche. Was wir uns aber selten so klar machen, sondern wir nennen es dann vielmehr: „Ich habe nie Zeit dafür, mal…“
Gerne zeigen wir mit dem Finger auf Dinge, ja, sogar auf Menschen, und sagen: „Ein totaler Zeiträuber!“ Und merken nicht, dass wir es sind, die uns selbst die Zeit stehlen. Zum Beispiel indem wir sie uns stehlen lassen. Anders als beim fingerfertigen Filou in der Pariser Innenstadt merken wir aber, zumindest ab und an, dass wir beklaut werden. Nur machen wir nichts dagegen - außer uns zu beklagen. Ist ja logisch: Auf Diebstahl folgt Anklage. Ich freue mich heute schon auf den Tag, an dem im Gerichtssaal sich im Kreis hingesetzt wird und so lange Ho’ponopono von allen Beteiligten praktiziert wird, bis diese Anteile, die der Auslöser waren, geheilt sind. Ja, allein für diesen Satz möchten mich sicherlich wieder einige steinigen, weil ich ja keine Ahnung habe. Ich, die das Glück gepachtet hat und jetzt gemütlich hinter ihrem Laptop sitzt. Das, was diesen Menschen, die jetzt aufschreien, angetan wurde, kann man nicht vergeben. Denken sie. Und halten an Ihrem gerechten (!) Zorn fest.
Ich kannte mal eine Frau, die sehr spirituell war, eine klare Anbindung zur Geistigen Welt hatte, und immer wieder mal von Wellen des Zorns dahin gespült hatte. Von meinen Heilungsansätzen wollte sie nichts hören. Denn ihr Zorn war ein „göttlicher Zorn“. Den heilt man nicht einfach so weg. Der kommt direkt aus der göttlichen Quelle und ist der Zorn der (….weiß ich nicht mehr genau; ich glaube, es war Maria Magdalena). Ja, schön, vielleicht hat er irgendwann mal Maria Magdalena gehört. Dann hat es aber trotzdem einen Grund, warum du ihn jetzt spürst (und ich zum Beispiel nicht). Resonanz predigen und sie bei sich selbst nicht erkennen, ein Klassiker des spirituellen Egos (und ich bin mehr als dankbar dafür, dass dieses Buch im August erscheint, hurra!).
Zurück zu dem Unvergebbaren. So, wie wir unsere Vergebung vertagen, vertagen wir auch unser Glück. Ständig. Wir lenken uns ab mit Zeitfressern, Glaubenssätzen, irrelevantem Geplänkel. Was ja alles kein Grund ist, sich schuldig zu fühlen. Nur sollten wir uns darüber im Klaren sein, dass wir uns selbst am meisten belügen, wenn wir dann jammern, dass wir „keine Zeit“ für die wichtigen Dinge des Lebens haben. Es gibt Menschen, die behaupten wirklich, ernsthaft, sie hätten keine Zeit für Sport. Weil sie so viel Arbeit haben, und dann abends die Kinder… Seltsamerweise ist aber jeden Abend Zeit dafür, die Flimmerkiste anzuwerfen. „Das brauche ich zum Entspannen!“, ruft der Empörte dann aus, wenn man ihn auf die Abendstunden für mehr Bewegung anspricht. Schluss, aus, Akte geschlossen. Dass Sport auch entspannt, und zwar wirklich, ist keine Option. Weil es um etwas ganz anderes geht. Nämlich die Verweigerung, die bequeme Zone zu verlassen. Und da ist „Ich habe einfach keine Zeit!“ irgendwie angenehmer als „Ich bin zu faul, um an meinen Lebensgewohnheiten, die mir nicht gut tun, etwas zu verändern“. Oder nochmal anders ausgedrückt: „Ich liebe mich selbst einfach nicht genug, um ein Leben zu führen, das mir wirklich gut tut und mit dem ich mich in mir und mit mir wirklich wohlfühlen kann.“
Manchmal, da verschieben wir auch einfach gerne. Wir verkünden: „Dann aber!“ Und verweisen auf den Urlaub in Griechenland, an dem wir uns am Strand total viel bewegen werden. Weil wir da Zeit haben und überhaupt schöneres Wetter ist. Und weil Bewegung am Strand viel mehr Spaß macht. ……. Man glaubt gar nicht, wie schnell so ein Urlaub immer rum ist - und auch da kommt man praktisch zu nix.
Oder aber ich heute Morgen. Ich habe die letzten Tage beobachtet, dass ich tatsächlich zu viel auf Facebook bin. Nicht, dass es mir Zeit frisst, die ich wirklich woanders bräuchte. Nein, die Menge an Zeit ist für mich momentan wirklich ok. Es ist vielmehr mein „Nutzerverhalten“, das ständige immer wieder Reinpiepen, Smartphone sei Dank (?). Jetzt kommt aber das eigentliche Schmankerl. Mein Ego tröstete mich. Ich würde ja bald wieder Vipassana machen. Da würde ich dann ja wieder, Gott sei Dank, Handy und Co am Empfang abgeben und ich hätte 10 Tage Ruhe. Hahahaha, hab ich gelacht, als mir klar wurde, was da abläuft! Mein Ego, einfach immer wieder ein Knaller! Klar, ich muss warten, bis mir jemand das Handy abnimmt. Ich muss eine Veränderung in die Zukunft vertagen. Nix da! Liebes Ego, da hast du leider Pech gehabt. Ich habe dich erwischt. Vielleicht erwische ich dich nach wie vor erst jedes zehnte (hundertste?) Mal. Aber dann und wann erwische ich dich. Und dann mache ich das Gegenteil von dem, was du mir flüsterst. Beziehungsweise ich tue das, was mir wirklich gut tut.
In diesem Fall heißt das: Ab sofort wird es anders gehandhabt. Eine Woche Experiment. Täglich ein Besuch auf Facebook. Kein Reinklicken, nicht mal in der Ubahn. Ich merke, wie mein Suchtverhalten eifrig nach Ausreden sucht (!), bereits jetzt. Aber das ist mir egal. Denn ich bin stärker als meine Suchtmuster. Über kurz oder lang werde ich sie alle kriegen. Die Esssuchtmuster (zu essen, obwohl ich keinen Hunger habe; Dinge, die mir nicht gut tun usw.). Die Zeitfresser. Die Selbstlügen. Die Schamgefühle. Die Verschieberitis. Die Kleinmacherprägungen. Sie und noch viele andere mehr.
Und wenn ich diese Egomuster erst einmal überwunden habe, dann aber… !