Die segnende Kraft der Rituale.
von Ingeborg Helene Heidenreich
In meinem bisherigen Leben, habe ich zahlreiche, verschiedene Rituale durchgeführt. Manche davon eher unbewusst, wie das morgendliche Badezimmerritual, duschen, Zähne putzen und dergleichen, andere hingegen sehr achtsam und bewusst, um das von mir gewünschte oder wenigstens erhoffte Resultat zu erhalten.
In meinen frühen spirituellen Ritualen hielt ich es eher so wie mit dem Beten. Durch meine katholische Erziehung lernte ich verschiedene Gebete kennen. Leider konnte ich damals keinerlei innere Beziehung zu den geläufigen Gebeten herstellen. Ich war froh, dass ich die meisten davon auswendig aufsagen konnte um während der Messe wenigstens nicht negativ aufzufallen. So ähnlich fielen auch meine ersten Versuche in den Ritualen aus. Erst viel später verstand ich, dass Gebete nicht nur dazu da sind, egoistische Wünsche zu erfüllen. Das gleiche gilt wohl auch für Rituale. Sind Sie doch ebenfalls nicht nur dazu gedacht, einem den Traumpartner, das Traumhaus oder den Traumjob zu liefern.
So lernte ich meinen Focus, von den rein persönlichen Zielen wegzulenken, um Gebete und Rituale (die ja ebenfalls eine Form von Gebet darstellen) auch für gemeinschaftliche Ziele durchzuführen. Wobei ich mir keinesfalls anmaße, zu wissen, was jemanden braucht oder eben nicht braucht. Ich denke da eher an unser aller Verbindung zur innen- und außen wohnenden Natur.
Heute verstehe ich meinen Körper als einen Teil der Natur. Er benötigt, wie alle Körper, ein ausgewogenes Maß an Sauerstoff, Nahrung, Bewegung und Ruhe. Als ich dies wirklich erkannte, nicht nur intellektuell, begann ich während des Tages öfter Atemübungen durchzuführen und zum Einkaufen ließ ich ganz bewusst das Auto stehen und fuhr mit meinem „ausgemotteten" Fahrrad. Ich begann mich intensiv für Yoga zu interessieren und absolvierte Kurse. Am Wochenende streifte ich durch Wald und Wiese oder war in meinem Garten tätig. Davor war ich damals wohl zu lange hauptsächlich meditierend zu Hause gesessen. Meine frühen Erfahrungen mit Vollwertkost halfen mir sehr, meiner Ernährung erneut eine andere Richtung zu geben und für viele Jahre lebte ich ausschließlich vegetarisch. Heute hat sich das etwas gelockert, da habe ich lange Phasen in denen ich tierische Produkte völlig meide und mit Green Smothies und Rohkost experimentiere und Phasen in denen ich auch mal Fleisch zu mir nehme.
So höre ich heute viel besser auf meinem Körper und gehe dadurch auch mit dem Körper der uns alle trägt, unsere Mutter Erde, viel bewusster um.
Ein wunderbarer Weg sich auch spirituell mit unserer inneren Natur und ihrer Entsprechung in der äußeren Natur, zu verbinden sind Naturrituale. Wolf Dieter Storl nennt diese Rituale auch Pujas. Eine Puja, das Wort kommt aus der alten indischen Sprache, dem Sanskrit, ist wunderbar dafür geeignet den Geist aus dem Alltag zu erheben. Er benützt dafür ein indisches Wort, weil es in unserem Kulturkreis keine adäquate Bezeichnung mehr dafür gibt. Diese sind schlimmstenfalls verunglimpfend oder bestenfalls irreführend.
Für ein Naturritual braucht es nicht viel, einen schönen und geeigneten Platz in der Natur, etwa eine Birke oder Linde. Es geht natürlich auch jeder andere Baum. Am Fuße des Baumes könnte ein größerer, runder Stein liegen oder man/frau legt einen geeigneten Stein an den Fuß des Baumes. Ein Gefäß mit ein wenig geweihtem Wasser, das kann man/frau leicht selber segnen. Einige Blüten, am besten selbst am Wegesrand gesammelte, eine Räucherschale mit etwas Sand zur Isolierung, einen Zunderpilz oder eine Räucherkohle und Räucherkräuter, z.B. Wacholder, Beifuss und Fichtenharz. Dieses sind mögliche Zutaten für ein einfaches Ritual in der Natur. Diese Basics können je nach Bedarf und Möglichkeit ergänzt werden, aber das drum herum ist natürlich nicht das Entscheidende. Die innere Einstellung, gepaart mit ein wenig Hingabe und Offenheit, auch Ungewohntes auszuprobieren, sind da viel eher gefragt.
Der Ablauf des Naturrituals könnte möglicherweise so aussehen.
Finden Sie einen geeigneten Platz und legen Sie gegebenenfalls den Stein an den Fuß des Baumes. Entzünden Sie den Zunderschwamm oder die Räucherkohle. Jetzt ist etwas Geduld gefragt, bis der Schwamm oder die Kohle richtig glüht, dauert es ca. 10 Minuten. Währendessen haben Sie genügend Zeit die Umgebung zu betrachten, sich des Grunds Ihres Rituals bewusst zu werden, zu atmen und nach innen zu lauschen. Dann gießen Sie Ihr zuvor gesegnetes Wasser über den Stein, dies symbolisiert den ewigen Fluß des Lebens. Sobald Sie die Räucherkräuter auflegen, bieten Sie Ihr Gefäß dem Himmel und der Erde dar und aller vier Himmelsrichtungen. Es ist immer schön mit dem Osten zu beginnen, da dort am Beginn des neuen Tages die Sonne aufgeht. Anschließend singen Sie ein heiliges Lied. In Ermangelung alten heiligen Liedguts aus dem heimischen Kulturkreis, die meisten Lieder sind verlorengegangen oder von den kirchlichen Machthabern verdreht worden, empfiehlt Wolf Dieter Storl auch hier heilige Silben aus dem Sanskrit, sogenannte Banjas oder Mantren. Falls Ihnen spontane Verse über die Lippen kommen, umso besser.
Ich wünsche Ihnen viel Freude und Erfolg bei Ihren Ritualen und einen wunderbaren Sommer.
Ingeborg Helene
Vorschau: Lassen Sie sich mal überraschen
Text und Photo © Ingeborg Helene Heidenreich