Der Weg zum wahren Glück
- Teil 7 -
von Martinus -
Unglück und Schmerz sind ein Golgathaprozeß.
Was ist es, was die Menschen durch ein egoistisches, kurzsichtiges Ausnutzen des Geschäftsprinzips säen? Sie haben etwas gesät, was sich absolut nicht bezahlt machen kann. Und das müssen sie lernen. Dieses Wissen können sie sich nur aneignen, indem sie die Wirkungen ihres eigenen Handelns erleben, und das ist jetzt der Fall. Die Menschen müssen lernen, was sich für die Menschheit bezahlt macht, und das nicht nur im Augenblick, sondern auf längere Sicht.
Verschiedene Menschen haben begonnen, sich ein solches Wissen anzueignen. Das sind u.a. diejenigen, die die ethischen und liebesbetonten Inhalte der humanen Religionen annehmen konnten, ohne sich sonderlich an der Begrenzung der äußeren Form zu stören. Aber warum waren einige Menschen empfänglicher als andere? Ja warum war der eine Räuber auf Golgatha offen und positiv Christus gegenüber und der andere nicht? Weil ersterer aus dem Leben, den Leiden und dem Unglück, die Mitgefühl und Liebe in seinem Gemüt entwickelt hatten, gelernt hatte, während der andere noch hart und verstockt war. Die ganze Menschheit ist faktisch genauso wie die beiden Räuber an jeder Seite von Christus. Einige mehr wie der eine, andere mehr wie der zweite. Und die ganze Menschheit ist auch gekreuzigt.
Es ist ein Golgathaprozeß, dem wir beiwohnen, jedes Mal, wenn wir ein dunkles Schicksal sehen. Der physische Organismus des Menschen ist das „Kreuz“, an dem die eine oder andere dunkle Bewusstseinsart zunichte gemacht wird. Es sind Bewusstseinstendenzen, die dadurch, dass sie an einem Kreuz festgenagelt sind, untergehen müssen. Dass das „Kreuz“ aus Fleisch und Blut, von animalischer Natur ist, verändert nicht das Prinzip. Jedes Unglück, Leid, jeder Schmerz, jede Sorge und Enttäuschung, denen ein Mensch in dieser physischen Welt ausgesetzt ist, ist die „Kreuzigung“ dieses Menschen. Es ist nicht die Strafe eines zornigen Gottes und es ist auch nicht das Ergebnis von Zufälligkeiten. Es ist alles das aus der Vergangenheit dieses Menschen, wovon er zu jenem Zeitpunkt glaubte, dass es sich „bezahlt machen würde“, und wovon sich nun herausstellt, das es das nicht tut.
Aber dadurch wird dieses Wesen allmählich lernen, was sich menschlich gesehen bezahlt machen kann und wird es nach und nach tun. Es ist ein Unterricht darin, Mensch zu werden. Durch Christus und die beiden Räuber hat die Menschheit drei Beispiele dafür bekommen, wie eine Kreuzigung von Menschen in drei verschiedenen Stadien auf dem Lebensweg getragen werden kann. Zunächst der „böse“ Räuber; er trifft auf die Wirkungen seiner Taten, aber er ist weiterhin verstockt und voller Hohn und Spott gegenüber Christus. Er ist aber nicht böse, sondern unwissend und primitiv. Er hat gerade erst mit dem Unterricht begonnen, der ihn lehren wird, was sich menschlich gesehen bezahlt macht. Der „gute“ Räuber ist gut, weil er schon einen Teil gelernt hat. Ja, er hat so viel gelernt, dass er sagen kann: „Uns geschieht recht, wir erhalten den Lohn für unsere Taten; dieser aber hat nichts Unrechtes getan.“ Dieser Räuber ist ein Wesen, das sich schon auf dem Weg zum wahren Glück befindet, obwohl er noch weit davon entfernt ist, es erreicht zu haben. Das hat aber demgegenüber das Wesen am mittleren Kreuz.
Und es ist richtig, was der Räuber über ihn sagte: „Dieser aber hat nichts Unrechtes getan.“ Für Christus war die Kreuzigung kein Unterricht darüber, was sich kosmisch und menschlich bezahlt macht. Das wusste er.
Herzlichst Martinus
Aus einem Vortrag vom 6.7.1947 in Klint
Bearbeitet von Mogens Møller, gutgeheißen von Martinus
Zum ersten Mal im dänischen Kosmos Nr. 21, 1968 mit dem Titel: "Vejen til den sande lykke" erschienen.
Übersetzung: Christa Rickus
© Martinus Institut 1981 www.martinus.dk