Spiritualität – Kontakt mit dem Vater- und Sohnbewusstsein – Teil 2.
von Martinus -
Eine Fehleinschätzung der Gottheit
Da die hier berührte kosmische Einweihung eine unerschütterliche Tatsache ist, ist es auch eine Tatsache, dass die oben genannte Analyse der Gottheit nicht richtig sein kann. Wir müssen auf die eine oder andere Weise einen gedanklichen Fehler gemacht haben. Aber worin besteht dieser Fehler? Er besteht darin, dass wir einer Logik gefolgt sind, die vollständig auf unser eigenes Leben passt, auf die Gesetze unseres eigenen Lebenserlebens. Diese Logik führt uns überhaupt nicht zur Gottheit – diese verschwand vielmehr und wurde zu einer leblosen Masse, die in keiner Weise unser intellektuelles oder logisches Begehren befriedigte. Der hochintellektuelle Mensch kann eine leblose Masse nicht als Ausdruck desjenigen willenführenden Etwas akzeptieren, das er rein tagesbewusstseinsmäßig hinter allen Formen, hinter der Natur und damit hinter dem Leben erlebt. Durch seine Intelligenz kommt er schnell zu der Klarheit, die er sich schon rein gefühlsmäßig durch seine Leiden angeeignet hat, und sieht, dass er den Fehler begangen hat, die Gottheit nach seinem Ebenbild zu formen.
Indem er den logischen Erscheinungen gefolgt ist, auf denen sein eigenes Leben basiert, musste die Gottheit ein Lebewesen analog zu ihm selbst werden. Da er jedoch selbst auf allen Seiten von Mitwesen umgeben ist, kann er unmöglich jemals selbst die Gottheit sein oder werden. Da die Gottheit immer als das aus vielen bestehende Eine existiert, kann der Mensch niemals etwas anderes als der „Sohn“ dieses „Einen“ sein. Daher muss der „Sohn“ sein Bewusstsein, seine Wahrnehmungsfähigkeit auf dieses „Eine“ richten. Diese Einstellung ist in allen Lebewesen, mit Ausnahme der Gottheit selbst, rein organisch verankert, während die Gottheit ihrer Natur nach rein organisch auf die „Vielen“ eingestellt ist. Diese Einstellung ist es, die sie rein organisch als Gottheit existieren lässt und die ihr Bewusstsein zum „Vaterbewusstsein“ macht.
Die gegenseitige Unverzichtbarkeit zwischen der Gottheit und den Lebewesen
Wir sehen hier also, dass das Universum oder die gesamte Energieauslösung und Existenz des Weltalls eine Wechselwirkung zwischen zwei Formen von Bewusstseinszuständen darstellt, eine mentale Kommunikation zwischen einem „Vaterbewusstsein“ auf der einen Seite und einem „Sohn-Bewusstsein“ auf der anderen Seite. Und damit kommen wir zur großen Grundanalyse des Universums: „Das dreieinige Prinzip“ oder „Vater“, „Sohn“ und die zwischen diesen beiden Formen von Leben auftretende Wechselwirkung, der sogenannte „heilige Geist“. Man versteht hier also, dass das Leben des Sohnes ohne Mitwesen, ohne Universum und damit ohne das „Eine“ unmöglich ist, genauso wie das Leben des Vaters ohne den Sohn, ohne die Lebewesen, ohne die „Vielen“ unmöglich ist. Genauso wie die Natur und die Mitwesen die „Welt“ oder die Daseinsebene des „Sohnes“ sind, so sind die Lebewesen, die „Vielen“, die „private Welt“ des Vaters oder der Gottheit. So wie der Sohn nach dem Vater ruft, so ruft auch der Vater nach dem Sohn. Das ganze Universum und damit der Gang des Lebens ist also nichts mehr und nichts weniger als die organische Einstellung der „Vielen“ auf den „Einen“ und die organische Einstellung oder Konzentration des „Einen“ auf die „Vielen“.
Der Kontakt zwischen der Gottheit und den Lebewesen
Dank dieser ewigen Anordnung kann der Gottessohn in direkten Kontakt mit dem Vater kommen, was nicht mit allen Mitwesen möglich ist. Wir können also nicht in direkten wachen, tagesbewussten Kontakt mit Mitwesen kommen, die uns entweder so weit voraus sind oder sich so weit hinter uns in der Entwicklung befinden, dass wir mit ihnen keine „gemeinsame Sprache“ haben. Wir können nicht persönlich mit einem Insekt, unseren Mikrowesen oder mit einem Makrowesen sprechen. Sie sind entweder allzu klein oder allzu groß im Verhältnis zur „Wellenlänge“ unserer Gedanken. Zeit und Raum sind für diese Wesen etwas ganz anderes, als sie es für uns sind. Mit unserem Verhältnis zur Gottheit ist das anders. Da das Leben und Wesen der Gottheit kein lokales Phänomen im Universum darstellt, so wie das Leben und Wesen des Gottessohnes dies tut, sondern vielmehr die Ganzheit selbst darstellt, ist sie innerhalb und gegenüber eines jeglichen Lebewesens tagesbewusst anwesend, unabhängig von der Größe dieses Wesens und seiner vorübergehenden zeit- und raumdimensionalen Auffassung. Jeglicher Schrei in der Not – und sei er noch so leise, ja sogar lautlos – kann der Wahrnehmung des göttlichen Vaters nicht entgehen. Alles im Universum wird von der Gottheit gehört und gesehen. Wenn etwas dem Bewusstsein des göttlichen Vaters entgehen könnte, weil es zu klein und zu schwach wäre, um sich im Gewühl und Lärm der übrigen Wesen im Dasein bemerkbar zu machen, müsste die Gottheit krank und das Universum aus den Fugen geraten sein.
Herzlichst Martinus
Aus einem Vortrag am 4.5.1947.
Bearbeitet von E.G. Larsson und von Martinus gutgeheißen
Zum ersten Mal im dänischen Kosmos Nr. 11, 1971 mit dem Titel: "Fader- og sønnebevidstheden" erschienen.
Übersetzung: Christa Rickus
© Martinus Institut 1981 www.martinus.dk