Sehnsucht - Ursache und Wirkung oder Schicksal.
von Martinus -
Ich möchte schließen, indem ich darüber spreche, wie der einzelne Mensch mit seinen Sehnsüchten und Wünschen Einfluss auf diesen großen Verwandlungsprozeß bekommen kann, der derzeit mit der gesamten Menschheit vor sich geht. Man kann oft hören, dass die Menschen glauben, es bedeutete so wenig, was der einzelne Mensch im Alltag denkt, sagt und ausführt – dass es in jedem Fall die „Großen und Starken“ seien, die Einfluss haben. Aber das stimmt nicht.
Es kommt auf jeden Fall darauf an, was man mit „groß und stark“ meint. Jeder einzelne Mensch und seine Sehnsüchte und Wünsche bedeuten etwas für das Ganze. Ich habe früher davon gesprochen, dass die Erde ein Lebewesen ist, in dessen physischem Organismus die gesamte Menschheit ein Organ bildet, das mit dem Gehirn unseres eigenen Organismus verglichen werden kann.
Die einzelnen Menschen stellen also eine Art Gehirnzellen im physischen Organismus der Erde dar, und es ist absolut nicht gleichgültig für das Ganze, welche Energievibrationen von den einzelnen Teilen dieses Ganzen ausgehen. Es ist nicht gleichgültig, wonach sich die einzelnen Menschen sehnen, und es ist auch nicht gleichgültig, was sie tun, damit ihre Sehnsüchte allmählich in Erfüllung gehen. Dass die Menschen jetzt die Möglichkeit haben, einen theoretischen Überblick über ihr Leben im Verhältnis zu früheren und zu zukünftigen Inkarnationen zu bekommen, gibt ihnen die Möglichkeit zu erkennen, dass sie selbst diejenigen sind, die die Bedingungen geschaffen haben, unter denen sie heute leben – durch die Begehren, Wünsche und Sehnsüchte, die sie dazu brachten, so zu denken und zu handeln, wie sie es in der Vergangenheit getan haben.
Gedanken und Handlungen sind Kraft und Energie, und jede Energie im Universum verläuft in Kreisläufen und bildet Ursache und Wirkung oder Schicksal. Es sind die Sehnsüchte, Wünsche und Begehren der Vergangenheit, die das heutige Schicksal der Menschen geschaffen haben. Die Menschen sind aber immer noch imstande, Schicksal zu erschaffen, denn heute erschaffen sie ihre Zukunft, sowohl im Hinblick darauf, was sie im Leben nach dem Tod erleben werden, als auch in kommenden physischen Inkarnationen. Das, wonach sie sich sehnen, werden sie erleben, sobald ihr Schicksalsmuster diesen Erlebnissen Raum gibt.
Kein Mensch wird in dem großen kosmischen Kreislauf mehr Glück oder mehr Leiden und Unglück erleben als ein anderer. Die Vorsehung hat keine Lieblinge, und es gibt auch niemanden, der Sündenbock sein wird. Es sind die eigenen Sehnsüchte der Lebewesen, die sie in ihrer Entwicklung, d.h. durch die vielen verschiedenen Gedankenklimate der Erfahrungen hin zu neuen Sehnsüchten und neuen Erlebnissen, weitertreiben.
Der Mensch muss lernen, seine Sehnsüchte und Wünsche mit den ewigen Gesetzen des Universums in Übereinstimmung zu bringen.
Hinter all diesen Sehnsüchten und ihrer Erfüllung existiert das ewige Ich des Lebewesens mit seinem Urbegehren danach, in ständig neuen Variationen der ewigen Kreisläufe der Materie zu erschaffen und zu erleben. Es war ein Ausdruck kosmischen Klarsehens, als Christus den Menschen sagte: „Ihr seid Götter“, denn der Mensch hat göttliche Möglichkeiten in sich, wenn er lernt, seine Sehnsüchte und Wünsche in Übereinstimmung mit den ewigen Gesetzen des Universums zu bringen, d.h. mit jener Liebe zu allen und allem, die ewig von der Gottheit genährt wird, mit der wir durch unser Ich, unsere Schöpfungsfähigkeit und durch die Materie, in der wir erschaffen, eins sind.
Erst wenn der Mensch durch seine Sehnsüchte und durch die daraus entspringende erschaffende Entfaltung nicht länger Krieg und Hölle um sich erschafft, sondern Frieden aus seinem Inneren durch alles ausstrahlt, was er sagt, denkt und tut, wird er auch imstande sein, tagesbewusst seine Einheit mit dem Universum und der ewigen Gottheit zu erleben. Die Sehnsüchte, die dann in seinem kosmischen Bewusstsein entstehen, werden ihn zu einem göttlichen Künstler und Techniker von einem Format machen, das sich der Erdenmensch mit seiner Phantasie kaum vorstellen kann. Und für alle Erdenmenschen gilt, dass sie eines Tages solche Sehnsüchte nähren werden.
Herzlichst Martinus
Erstmals im deutschen Kosmos 5/1975 erschienen. Aus einem Vortrag vom 20.11.1941. Die Bearbeitung wurde von Mogens Møller vorgenommen und von Martinus gutgeheißen.
Zum ersten Mal im dänischen Kosmos Nr. 15, 1974 mit dem Titel: "Længsel" erschienen.
Übersetzung: Christa Rickus
© Martinus Institut 1981 www.martinus.dk