Die Moral bestimmt das Schicksal.
von Martinus -
So lange eine so riesengroße Verwirrung in der Auffassung des Menschen darüber existiert, was Recht oder Unrecht ist, was Moral und was Unmoral ist, sollte man nicht glauben, dass sich ein dauerhafter Frieden in der Welt manifestieren oder schaffen lässt, und man sollte sich keine Hoffnungen machen, dass man Krieg und Aufrüstung abschaffen kann.
Was ist nun Moral und was bestimmt diese Moral? Moral ist die Erkenntnis oder Lebensauffassung, nach der ein Mensch sein Leben steuert, nach der er seine Handlungen und seine Wesensart seiner Umgebung gegenüber sich selbst diktiert. Da die Umgebung wiederum auf diese Handlungsweise eines Wesens reagiert, ist die Auffassung von Moral eines Wesens also in Wirklichkeit schließlich der bestimmende Faktor in seiner Schicksalsbildung. Diese Reaktion der Umgebung wird somit zum Schicksal des Lebewesens. Aber die Ursache für den besonderen Charakter dieser Reaktion, für ihr Hervortreten als angenehm oder unangenehm, wird also eine Antwort darauf oder eine Folge dessen sein, in welcher besonderen Weise wir selbst unserer Umgebung gegenüber reagieren.
Nun ist es aber faktisch so auf der Welt, dass die Menschen in den allermeisten Fällen verlangen, dass die Umgebung unbedingt diese oder jene Rücksicht auf sie nehmen soll, man verlangt Freundlichkeit und Verständnis von der Umgebung, die ja dasselbe ist wie der Nächste, bevor man selbst dieses Verständnis aufbringt. Man gelangt hierdurch zu einem Leben in einem schrecklich unglücklichen Verhältnis zu seiner Umgebung, einem Verhältnis, das später zwangsläufig den schrecklichsten Konflikt zwischen einem selbst und der Umgebung verursacht. Man kann wohl vielleicht ein oder zwei Leben zurechtkommen, aber dann kommt doch unweigerlich die Vergeltung.
Herzlichst Martinus
Dieser Artikel beruht auf einem Manuskript, das Martinus als Vorbereitung für einen Vortrag verfasste, den er am 19. Februar 1950 im Vortragssaal des Instituts hielt. Kleinere sprachliche Korrekturen und Stücküberschriften wurden von Ole Therkelsen angebracht. Der Artikel wurde vom Rat am 20.01.1998 gutgeheißen.
Zum ersten Mal im dänischen Kosmos Nr. 8, 1998 mit dem Titel: "Mennesket og moralen" erschienen.
Übersetzung: Christa Rickus
© Martinus Institut 1981 www.martinus.dk