Die Rohe Macht im autorisierten guten Ton.
von Martinus -
Eine rohe Macht verbirgt sich in der modernen Kultur und Bildung, im autorisierten guten Ton.
Wenn die Erdenmenschen nichtsdestoweniger in den Organismen, im Fleisch und Blut, ihrer animalischen Mitwesen, der Tiere, schwelgen, ja sogar in gewissen Fällen das Töten dieser Mitwesen zum „Zeitvertreib“, zum Sport, zum Vergnügen in Form von „Freizeit-Jagd“, „Angeln“ und ähnlichem gemacht haben und damit hundertprozentige Übertreter des „Gesetzes für das Leben“ selbst sind, dann ist es auch hier wieder die „Gesinnung“, die die allesbesiegende Macht in der Mentalität dieses „lustmörderischen“ Wesens ist.
Dass dieses Wesen hier seine abergläubigen Vermutungen oder eingebildeten Vorstellungen, es habe das Recht zu töten, mit „Sitte und Brauch“, „Mode“, „Bildung“ oder der sogenannten „Kultur“, wie die Mehrheit sie autorisiert, auf dieselbe Weise verdeckt oder kaschiert, wie es so viele andere Konflikte mit dem „Gesetz des Lebens“ oder Ausschweifungen verdeckt, verändert nicht das Prinzip oder die unerschütterliche Forderung dieses Gesetzes nach Erfüllung. Dass die Mehrheit das „Gesetz des Lebens“ übertritt, macht die Übertretung ja nicht zur Einhaltung – und entfernt somit auch nicht die Wirkungen der Übertretung –, sondern macht sie vielmehr zu einer Macht.
Diese „autorisiert“ die Übertretung durch die Einstimmigkeit der vielen Übertreter. Der einzelne Übertreter erhält die Macht der Herde und damit deren Segen über seine Übertretung. Man bedenke, was dort entsteht, wo die „Macht“ den Übertreter des „Gesetzes des Lebens“ segnet, die Unterminierung der vollkommenen Existenz des Lebens selbst segnet. Sind es nicht dieser Segen und diese Zustimmung der Herde, die das Rauchen von Tabak, den Genuss alkoholhaltiger Getränke, den Genuss von Fleisch und Blut oder anderer animalischer Produkte zu unentbehrlichen Erscheinungen oder Faktoren im sogenannten „Guten Ton“ machen.
Ein einzelner „Nicht-Raucher“, „Nicht-Trinker“, „Nicht-Fleischesser“ in einer Gesellschaft von z.B. 50 Personen, die dem genannten „Guten Ton“ oder der hierauf beruhenden „autorisierten“ modernen „Bildung“ und „Kultur“ zuzurechnen ist, ist fast dem Mitleid und Bedauern dieser Gesellschaft ausgesetzt, wenn nicht sogar ihrem Hohn und Lachen sowie ihren Witzen. Er ist und bleibt das „schwarze Schaf“ dieser Gesellschaft oder dieser Herde. Man bedenke, welch rohe Macht sich also hinter der modernen „Kultur“ und „Bildung“, dem autorisierten „Guten Ton“ verbirgt.
Was sind nun diese „Kultur“ und „Bildung“, dieser „Gute Ton“? Ja, ist das nicht schlicht die „Gesinnung“ der Herde? Ein „vornehmer Mensch“ zu sein, „kultiviert“ oder „gebildet“ zu sein, bedeutet also, die „Gesinnung der Herde“ zu haben völlig unabhängig davon, ob diese „Gesinnung“ ihrer Natur nach die Auslösung der schwersten Mordausschweifung ist. Man bedenke, wie gefährlich es also sein kann, nur die Gesinnung und das Denken der „Herde“ zu haben, und umgekehrt wie göttlich es unumgänglich ist, eine Gesinnung zu besitzen, die es – unabhängig von der Meinung der „Herde“ – je nach Fähigkeit wagt, das „Gesetz des Lebens“ zu erfüllen.
Ohne diese Wesen würde die Herde kulturell niemals weiter nach vorne oder oben kommen, sondern müsste moralisch und wesensmäßig verwahrlosen. Nur der, der es wagt, das „Gesetz des Lebens“ gegen die Meinung der „Herde“ einzuhalten, ist ihr geistiger Führer, selbst wenn er physisch ihr „schwarzes Schaf“ ist. Ihr Hohn und ihre Verfolgung sind nur das sichere Kennzeichen dessen, dass er wirklich dabei ist, die „Herde“ mental zu heben.
Es zeigt sich, dass er sie im Griff hat. Sie fühlt sich bereits übel berührt von diesem seinem Griff; daher der Hohn und Spott, daher die Verfolgung des Übeltäters, der, wenn auch nicht durch Propaganda oder das Bestreben, Anhänger zu werben, so doch durch die in seiner Wesensart mehr oder weniger hervortretende Erfüllung der Lebenspflichten als eine Gefahr für den Aberglauben, die eingebildete „Kultur“ und „Bildung“ der „Herde“, ihre fortgesetzte Befriedigung unnatürlicher und tötender Begehren und Gelüste wahrgenommen wird.
Zum ersten Mal im dänischen Kosmos Nr. 3 - 4, 1978 mit dem Titel: "Den hemmelige magt bag våbnene" erschienen.
Übersetzung: Christa Rickus
© Martinus Institut 1981 www.martinus.dk