Für die kalte Jahreszeit ein feuriges Kraut:
Beifuß gilt in Europa als Mittsommerpflanze, die mit dem Feuer verbunden ist. Auch in der TCM schätzt man die Wärmewirkung.
Groß ist die Artemis von Ephesos – so steht es in der Apostelgeschichte, in der berichtet wird, wie Paulus das große Heiligtum mit seinem zur damaligen Zeit immer noch mächtigen Einfluss vorfand.
Der Artemis-Tempel galt als eines der sieben Weltwunder der Antike. Seine Größe, aber auch die Beliebtheit der Göttin weisen darauf hin, dass sich hinter ihr die „Große Göttin“ verbirgt, die seit Urzeiten in ihrer Dreiheit verehrt wurde. Artemis ist ihr Jungfrau-Aspekt. Bei den Griechen und Römern war sie die Göttin der Jagd und die Schutzherrin der Tiere. Oft mit Waffen abgebildet, verband man sie auch mit Schmiede und Feuer. Auch als Hebamme wird sie genannt, da sie der Legende nach kurz nach ihrer Geburt ihrer Mutter Leto half, ihren Zwillingsbruder Apollon zur Welt zu bringen. Sie gilt als Göttin, die Leben gibt, erhält und wieder nimmt. Artemis ist Namensgeberin einer ganzen Gattung sehr heilkräftiger Pflanzen, die zur Familie der Asterngewächse (Korbblütler) zählen.
Grüne Fee
Artemisia – Die Mutter der Kräuter
Ihre in unseren Breiten bekanntesten Familienmitglieder sind Beifuß und Wermut. Die gesamte Gattung Artemisia wird weltweit als Heilpflanze besonders bei Magen-Darmbeschwerden wie auch zum Räuchern verwendet.
In China ist Artemisia spec. eine wichtige Zutat zu den Moxakräutern in der TCM. Hier werden zigarrenähnliche Kräuterrollen auf Akupunkturpunkte geklebt und zum Glimmen gebracht, um Wärme in die zugehörigen Meridiane zu bringen. Das indianische Räucherwerk, das in den letzten Jahren durch die New-Age-Bewegung auch bei uns Einzug hielt, besteht ebenfalls aus Artemisia-Arten, wie z. B. dem Frauen-Beifuß (Artemisia tridentata) oder dem indianischen „Salbeistrauch“ (Artemisia Cana).
Mit ihrem ungemein intensiven Aroma entwickeln sie eine stark reinigende und kräftigende, dabei zugleich besänftigende Wirkung.
Außerdem dienen sie der Wundheilung. Der Name Beifuß (Artemisia vulgaris) soll sich vom althochdeutschen Wort für „schlagen“, bivoz, herleiten. Er ist uns heute fast nur noch als allgegenwärtiges „Acker- und Gartenunkraut“ bekannt, eine mehrjährige Pflanze, die bis zu 1,5 m hoch werden kann mit unten verholzten, bräunlich bis rötlich gefärbten Stengeln und fiederteiligen Blättern. Deren Oberseite ist dunkelgrün, und die Blattunterseite ist weiß filzig behaart. Von Juli bis September bilden sich die gelblichen bis rotbraunen Blüten. Beifuß gilt seit dem Altertum als magische Pflanze für Fruchtbarkeits- und Hexenrituale.
Die keltischen Druiden wollten mit ihm Gifte neutralisieren und Unheil abwenden. Im Mittelalter wurde er gegen Epilepsie und Hysterie verwendet und zum Aromatisieren von Bier, bevor der Hopfen diesen Platz einnahm.
Beifuß enthält ätherische Öle und Sesquiterpenlactone. Im ätherischen Öl sind Borneol, Cineol, Myrcen, Pinen, Terpinen und Thujon enthalten, allerdings wesentlich weniger Thujon als im verwandten Wermut.
Beifuß hat einen bitteren Geschmack und wirkt fiebersenkend, krampflösend, reguliert die Menstruation, wirkt schweißbildend, stärkend und als Wurmmittel.
Außerdem regt er Appetit und Verdauung an. Volksmedizinisch wird der Beifuß bei Magen- und Darmproblemen, Epilepsie, Galle- und Leberleiden, Hämorrhoiden, Kopfschmerzen, Nervenleiden und Übelkeit verwendet.
Er darf nicht während der Schwangerschaft verwendet werden, da er Uteruskontraktionen auslösen kann; so galt Beifuß seit jeher als Abtreibungsmittel.
In der Küche wird Beifuß zum Würzen von Fleisch-, Fisch- und Geflügelgerichten genutzt, besonders jetzt in der Winterzeit bei fetten Gänse- und Entenbraten. Eine Mischung aus Beifuß, Basilikum, Rosmarin und Thymian ist eine schmackhafte Würzmischung und bildet einen guten Salzersatz.
Beifußkraut wird auch häufig alleine oder mit anderen Harzen und Kräutern vermischt verräuchert. Der Rauch soll zu wahrsagerischen Träumen anregen. Aufgrund des hohen Gehalts an ätherischen Ölen haben alle Kräuter aus der Gattung Artemisia einen engen Bezug zur Wandlungsphase Feuer, was sich in ihrem Gebrauch als stark reinigendes Räucher- und verdauungsförderndes Mittel zeigt. Hier wird der Holzüberschuss in Leber und Galle verbrannt.Ähnliche Eigenschaften hat auch der extrem bittere Wermut (Artemisia Absinthium).
Der Tee daraus, den mir meine Mutter als Kind gegen Magenschmerzen anbot, war noch schlimmer als das Leiden selbst.
Wermut ist eine ausdauernde Pflanze, deren 65 bis 100 cm langer, hölzerner, aufrechter und kaum verzweigter Stengel wie auch die Blätter von einem weißlichen bis silbergrauen kurzen Flaum bedeckt sind. Auf der ganzen Pflanze finden sich punktförmige Öldrüsen. Die Blätter sind wechselständig, dicht stehend, beiderseits filzig behaart und graugrün.
Wermut wird während der Blütezeit geerntet, getrocknet und zu einem Sud für Tinkturen verarbeitet oder zu ätherischem Öl destilliert. Der sprichwörtliche Wermutstropfen birgt eine potente Heilkraft. Medizinisch wirksam sind der Bitterstoff Absinthin und das ätherische Öl Thujon.
In der Volksheilkunde wird Wermut ähnlich wie Beifuß eingesetzt, besonders gegen Appetitlosigkeit, Magendruck, Völlegefühl, Blähungen und Problemen mit Leber und Galle.
In der Homöopathie schätzt man seine Wirkung bei epileptischen Anfällen und nervösen Krämpfen.
Als frisches Gewürz wird Wermut wegen seiner verdauungsfördernden Eigenschaften gerne bei fetten Speisen verwendet.
Es ist also nicht verwunderlich, warum Hildegard von Bingen den wermuda zu den wirkungsvollsten Heilpflanzen zählte.
Die Herkunft des Wortes Wermut liegt halb im Verborgenen. Eine Verbindung lässt sich herstellen zwischen der altdeutschen Schreibweise wermuota oder weonmuot und den Wortteilen werm = warm sowie uota = Wurzel, also „wärmende Wurzel“.
Im Mittelalter glaubte man sogar, die Pest mit Hilfe der graugrünlichen Pflanze fernhalten zu können, indem man sie im Dachgebälk befestigte oder unter sein Kopfkissen legte.
Dem Getränk Absinth, das unter dem Namen „grüne Fee“ in Künstler und Literatenkreisen Ende des 19. Jahrhunderts Furore machte, sprach man wegen der psychoaktiven Eigenschaften des Thujon-Öls allerlei üble Wirkung zu bis er in vielen Ländern verboten wurde.
Hier wurde anders als bei Cannabis nur ein Produkt nicht eine ganze Pflanze verteufelt. Inzwischen gibt es wieder Absinth mit geringerem bis fast keinem Tujongehalt zu kaufen - wobei früher wie heute ganz sicher - die unheilvolle Wirkung eher mit dem hohen Alkoholgehalt als mit dem Wermutextrakt zu tun hat.