Wie unsere Emotionen uns helfen und heilen können.
„Wut ist gut!“
vom Mankau Verlag -
„Wut ist gut!“ von Dr. med. Daniel Dufour.
Einleitung
Im Rahmen meiner medizinischen Tätigkeit und der von mir begründeten OGE-Seminare (OGE ist die Umkehr des Wortes EGO) ist mir nach und nach etwas Offensichtliches bewusst geworden: Leiden, Unwohlsein, Krankheiten und Störungen aller Art, die unser Leben vergiften, sind die Folgen eines Mangels an Liebe. Und vor allem mangelt es uns an Liebe zu uns selbst!
Meine Laufbahn als Chirurg in Kriegsgebieten und meine Erfahrungen als Betreuer von politischen Gefangenen haben mir diesen Mangel an Liebe vor Augen geführt; meine Tätigkeit in einer Arztpraxis mit ganzheitlichem Ansatz hat mir bestätigt und mich überzeugt, dass der Mangel an Selbstliebe die Quelle aller Übel ist, mit denen wir uns herumschlagen.
Ich wollte dieses Buch schreiben, um von dieser tiefen Überzeugung zu berichten, die ganz einfach, nicht sehr originell und doch so wesentlich ist: ALLES IST LIEBE.
Die heutige Medizin berücksichtigt diese Tatsache nicht, und das ist sehr bedauerlich. Genau genommen verbaut sie sich den Zugang zum Wesentlichen. Sie kann sich nur noch im Kreis drehen und in den Schwanz beißen. Andere Ansätze, bei denen es meist um das Wohlergehen oder die Heilung geht, machen es trotz eines anderen Zugangs zum Thema Gesundheit nicht besser.
Auch sie verwechseln die Mittel mit dem Zweck. Das Wort LIEBE macht Angst und klingt für viele hohl. Es ist im Laufe der Jahrhunderte in Misskredit geraten und hat seinen Sinn verloren. Deshalb ist es an der Zeit, dieses Wort zu rehabilitieren, und dieses Buch erhebt den Anspruch, dazu beizutragen. Mir ist bewusst, dass es schrecklich anmaßend erscheinen kann, wenn ich mich dieser Aufgabe widme, aber ich halte sie für eine sehr wichtige.
Sie als Leser sollten sich auf Überlegungen gefasst machen, die sehr direkt und manchmal auch aggressiv erscheinen mögen. Lassen Sie Ihren Empfindungen freien Lauf, leben Sie sie aus. Sie werden feststellen, dass die Öffnung, die sich Ihnen durch das Ausleben Letzterer bietet, eine Form der Liebe ist. Daraufhin werden Sie nicht verwerfen, was Sie gelesen haben, sondern sich ein eigenes Urteil und eine eigene Werteskala bilden. Sie werden erkennen, dass dieser gesamte Prozess und der Anstoß dazu ebenfalls ein Geschenk der Liebe sind, welches Sie sich selbst gemacht haben.
„Wut ist gut!“ Kapitel 1
Der Unterschied zwischen der Reflexion und der Denke
Die Emotion ist Ihre größte Intelligenz,
die Intelligenz aus dem Herzen der Seele!
ANNE MARIE LIONNET
Die »Denke« ist jene Höllenmaschine, die in unserem Kopf rumort. Sie trennt uns vom Hier und Jetzt und damit von unseren Empfindungen und unserem innersten Wesen. Es ist wichtig, zwischen der Denke und der Reflexion zu unterscheiden. Letzteres ist überaus nützlich, wohingegen die Denke völlig nutzlos ist.
Die Reflexion
Die Reflexion als Leistung unseres Gehirns nutzt unsere kreativen und intellektuellen Fähigkeiten, genau wie unsere praktische und theoretische Intelligenz. Wenn wir unsere Reflexion einsetzen, nutzen wir sie, um ein Projekt zu planen, das ebenfalls einem Bedürfnis in uns entspringt. Diese Reflexion erlaubt es uns, Entscheidungen zu treffen, zu bestimmen, welche Handlung als Nächstes kommt, und die nützlichen (und nutzlosen) Mittel dafür festzulegen, was wir unternehmen und durchführen wollen.
Die Reflexion findet allein im gegenwärtigen Moment statt, auch wenn sie sich auf etwas bezieht, das erst in der Zukunft umgesetzt wird. Die Reflexion hilft uns dabei, vorwärts zu kommen, die Dinge so effizient wie möglich anzugehen. Es ist ein nützliches, dynamisches Instrument, das zu Klarheit und Durchblick verhilft. Es führt zu keinerlei körperlicher Anspannung, sondern vielmehr zu einem Gefühl des Friedens und der Ausgeglichenheit.
Die Ordnung der Dinge sieht vor, dass wir zuerst das Bedürfnis empfinden, eine Handlung vorzunehmen. Anschließend nutzen wir unser Gehirn (das genau wie Füße und Hände ein Anhängsel unseres Körpers ist), um den besten Lösungsweg zu finden. Das Bedürfnis entsteht nicht in unserem Gehirn, sondern in unserem innersten Wesen. Es hat keinerlei Stofflichkeit, erst unsere Reflexion verhilft ihm dazu, umgesetzt zu werden oder nicht. So erschafft der Geist die Materie, nicht umgekehrt.
Die »Denke«
Die Denke ist der »nutzlose« Teil unseres Gehirns, der geschwätzig wird, sobald man ihn lässt. Sie verhindert, dass die Stille sich in uns ausbreitet und betäubt uns mit »um sich selbst kreisenden Gedanken«. Damit sind die nutzlosen Gedanken gemeint, die Befürchtungen, Angst, Panik und Phobien auslösen, oder auch Bedauern und Schuldgefühle. Die Denke nutzt weder Kreativität noch Intelligenz, ganz im Gegenteil: Sie blockiert alles. Die Denke trennt uns von unserer praktischen und theoretischen Intelligenz. Das zeigt sich in einem Durcheinander von Ideen, der Unfähigkeit, Entscheidungen zu treffen, einer allgemeinen Lähmung. Diese Denke steht nicht im Dienst unseres innersten Wesens, sondern entfremdet uns einander. Sie ist geschwätzig, hilft uns aber nicht, auch nur ein Projekt umzusetzen.
Sie schafft vom Moment ihres Auftauchens an eine körperliche Anspannung, die wir vielleicht nicht einmal wahrnehmen, denn diese Anspannung verhindert den Zugang zu unseren Gefühlen, unseren Sinneswahrnehmungen und unserer eigenen Wirklichkeit. Aufgrund der Denke verlieren wir unsere Persönlichkeit, denn sie trennt uns von unserem innersten Wesen. Aus all den genannten Gründen ist sie überaus schädlich und muss um jeden Preis zum Schweigen gebracht werden. Erst dann können wir unsere eigene Wirklichkeit und unser innerstes Wesen wiedererlangen, das allein ein Dasein im weitesten Sinn ermöglichen kann.
Die Denke ist auch der Grund dafür, dass wir uns mit anderen vergleichen: Ich bin besser oder schlechter als der Nachbar, ich möchte haben, was der Andere hat. Sie bringt uns dazu, Regeln zu befolgen, die nicht unsere eigenen sind, weil wir das Bedürfnis haben, anonym in der Menge mitzuschwimmen. Oder sie bringt uns dazu, besonders »eigenwillig« zu sein, damit wir uns um jeden Preis von den Anderen und der Normalität abheben.
Die Denke funktioniert nie im Hier und Jetzt, sondern schickt uns in die Zukunft, wodurch sie Ängste und Befürchtungen auslöst. Viele Menschen glauben oder machen uns glauben, dass es sich bei Letzteren um Emotionen handelt. Das ist falsch. Eine Emotion kann nur im gegenwärtigen Moment wahrgenommen werden. Wir können nicht morgen glücklich, traurig oder wütend sein, wir können es nur hier und jetzt. Vielleicht werden wir es morgen sein, aber das ist ein Gedanke oder eine Hoffnung.
Ängste hingegen richten sich immer auf die Zukunft und entspringen gänzlich aus unserer Denke: Wir haben Angst davor, was geschehen könnte, ob gleich, morgen, in einigen Wochen, Monaten oder Jahren. Wenn wir vor etwas Angst haben oder uns fürchten, beginnen wir unsere Sätze häufig mit einem »wenn«: Wenn der Andere mich nachher nicht anschaut, dann ... Wenn ich die Prüfungen nicht bestehe, wenn ich den Flieger verpasse, wenn ich beim Vortrag anfange zu stottern etc.
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„Wut ist gut!“ Kapitel 4
Die Erfahrung des Verlassenwerdens
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Der Heilungsprozess
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Wut und Trauer erkennen, akzeptieren,
empfinden und ausleben
Das erklärte Ziel ist es folglich immer, sich zu gestatten, seine wiederentdeckte Wut und Trauer auszuleben. Wie wir vorab gesehen haben, geht man schrittweise vor; die von der Denke jahrelang weggesperrte Emotion wird erkannt, akzeptiert, empfunden und schließlich zum Ausdruck gebracht. Ohne diese Schritte ist der Versuch völlig nutzlos und kann sich sogar als kontraproduktiv erweisen.
Wenn man sich etwas erlaubt, respektiert man sich und schenkt sich Liebe. Was gibt es Wichtigeres für einen Menschen, der von den Anderen und dann auch von sich selbst verlassen wurde, als sich ein wenig Liebe zu schenken? Jemanden zu verlassen ist ein Akt der Nicht-Liebe oder der bedingten Liebe.
Wenn man sich aber das Recht zugesteht, die Denke auszuschalten, ist das ein Akt der Liebe zu sich selbst. Das emotionale Gedächtnis wiederzufinden, ist ein Akt der Liebe zu sich selbst. Die Emotion zu akzeptieren, zu empfinden und schließlich auszuleben, ist ein weiterer Akt der Liebe zu sich selbst.
Wenn Nicht-Liebe zu Leid und Zerstörung führt, führt die Liebe zu Wiederaufbau, Heilung und Wohlbefinden. Indem sich der an »Verlassenheit« Leidende Liebe schenkt, muss er nicht länger darunter leiden und kann in einem zweiten Schritt auch anderen Liebe schenken.
Auszüge aus dem Buch „Wut ist gut!“ von Dr. med. Daniel Dufour, erschienen 2014 im Mankau Verlag, Murnau
Herzlichst Ihr Mankau Verlag