Gefühle zeigen erlaubt - Angst und Verantwortung.
von Kerstin Werner -
Manchmal bekomme ich Kommentare, die ausdrücken, wie mutig ich doch sei, mich mit meinen Gefühlen und allem, was da ist, zu zeigen. Mich macht das dann nachdenklich, wenn ich ehrlich bin. Offenbar ist es heutzutage "normaler", sich nicht zu zeigen. Zumindest nicht so, wie man ist. Sondern irgendeine Fassade aufrecht zu halten, hinter der man sich verstecken möchte. Oder anders: Man versucht jemand zu sein, der man nicht ist, in der Hoffnung, damit glücklich zu werden. Oft natürlich unbewusst.
Bei mir war lange Zeit das Kleinheitsgefühl vorherrschend. Ich dachte, nicht gut genug zu sein. Dass ich nur gut bin, wenn ich mich verändere. Also tat ich immer etwas, um geliebt zu werden. Aber ich war dabei nicht ich selbst. Sondern ein ICH, was ich mir aufbaute, um in diese Welt zu passen.
Ich war dann vielleicht von anderen gut gelitten, weil ich vielen gerecht wurde, aber von mir selbst entfernte ich mich immer weiter. Ich war glücklich, wenn andere mich liebten. Aber wenn ich allein war, fiel ich wie ein Kartenhaus in mir zusammen. Ich erschaffte mir eine Welt, in der ich von anderen abhängig war.
Und ich bin ehrlich: Ich hatte Angst davor, diese Angst vor Ablehnung sterben zu lassen. Weil ich dachte: Vielleicht stehst du dann irgendwann allein da. Ich hatte Angst vor der Selbstverantwortung. Ich wollte niemals allein dastehen. Niemals.
Irgendwann war ich an einem Punkt, wo ich keinen anderen Ausweg mehr sah. Während ich in mir zusammen fiel, war plötzlich klar: Es ist der einzige Weg, der wieder zu mir führt. Irgendetwas in mir wusste genau: Durch diese Angst musst du nun durch. Nimm all deinen Mut zusammen und gehe!
Und dann folgten Entscheidungen und Handlungen. Beruflich und privat. Tiefe Prozesse und viele Tränen. Aber ich bin durch dieses Tal gegangen ohne zu wissen was kommt. Das wissen wir ja im Grunde genommen nie, aber wir wollen es wissen und fangen an, das Leben zu planen und zu kontrollieren.
Heute kann ich sagen: Immer, wenn ich merke, dass ich in dieses alte Muster falle, was manchmal einfach so geschieht, ohne dass es mir sofort bewusst wird, ziehe ich mich zurück. Wenn ich schweige, finde ich am besten wieder zu mir. Inzwischen - das war nicht immer so. Ich kann mich zwar mit anderen austauschen, aber ich merke, dass ich immer nur das leben kann, was meiner Wahrheit entspricht. Und die finde ich in niemand anderem außer in mir.
Was mir auch hilft: Nichts beschönigen und mir die Erlaubnis geben, dass alles sein darf. Ich mag mich dann in solchen Momenten mit Tränen, aber dafür ehrlich mir selbst gegenüber mehr als mit erhobenem Haupt und Maske. Weil ich nichts ablehne, sondern annehme.
Die innere Gelassenheit bringt mich dann wieder ins Gleichgewicht. Ich vertraue darauf, obwohl ich in solchen Momenten vielleicht weinen muss. Deshalb sage ich oft: Ich bin auch glücklich, wenn ich mir erlaube, zu weinen. Paradox, ich weiß. Aber vielleicht versteht ihr es nun besser.
Und dann passiert folgendes: Es ist dann nicht mehr wichtig, ob andere mich mögen. Das wird sogar dann völlig unwichtig. Viel wichtiger ist, dass ich mir in die Augen schaue und aufrichtig sagen kann: „Kerstin, du bist gut so, wie du bist! Du bist okay. Alles, wie es jetzt ist, ist okay!“
Und genau in dem Moment geschieht genau das Gegenteil von dem, was ich immer befürchtete. Nämlich allein dazustehen. Wenn du zu dir stehst, auch zu deinen Schwächen und annimmst, was du lieber weghaben willst, lieben dich die Menschen. Aber nicht, weil du für diese Liebe alles Mögliche tust, sondern sie lieben dich für das, was du bist. Wenn du dich mit allem zeigst, was da ist, wirst du zu einem Menschenmagnet. Du schöpfst dann aus deiner Quelle des Herzens. Weil wir uns erlauben, wirklich der zu sein, der wir sind. Authentisch eben.
Alles Liebe
Kerstin Werner