Spiritualität: Impressionen zu Mythen und Märchen dieser Welt.
Kolumne von Karl Gamper -
Was sind Märchen? Was sind Mythen?
Und was lernen wir aus der Unterscheidung zwischen beiden? "Es war einmal …" so fangen alle Märchen an. Denn Märchen sind überlieferte Erfahrungen, die mündlich weitergegeben und variiert wurden. Erst im 19. Jahrhundert wurden in Europa die ersten Märchen gesammelt und aufgeschrieben.
Die berühmtesten dieser Märchen-Sammler sind natürlich die Gebrüder Grimm; Jakob und Wilhelm. Märchen transportieren also Erfahrungen und haben sehr oft auch einen erzieherischen Impuls.
Mythen geben vor, ihren Ursprung im Göttlichen zu haben und zeugen auch vom Wechselspiel zwischen Göttern, anderen Welten und uns Menschen. In Mythen geht es um die Bedeutung von Ereignissen und um die Begegnung mit Göttern.
Wenn wir Bewusstsein durch die Brille der Evolution betrachten, so begegnen wir nach dem archaischen und magischen Bewusstsein dem mythischen. Das mythische Zeitverständnis ist zyklisch und nicht linear. Bedeutsam ist nicht, WANN etwas geschieht, sondern WAS geschieht. Nach dem mythischen Bewusstsein kommt unser modernes und postmodernes.
DIE REISE DES HELDEN
Der berühmteste aller Mythenforscher ist Joseph Campbell (1904-1987) ein US-amerikanischer Professor und Autor. Sein Forschen auf allen Kontinenten in Verbindung mit dem weltweiten Einfluss seines Lehrstuhls destillierte ein Konzept und ein Verständnis, das als die "Reise des Helden" bekannt wurde.
Praktisch alle Drehbücher von Filmen sind an dieses Konzept angelehnt, dessen Ursprung, wie gesagt, die Essenz aller Mythen und vieler Märchen ist.
Stellen wir uns einfachheitshalber eine Uhr vor – und gehen wir rückwärts in der Zeit. Auf der Reise zwischen 12 und 9 hört unser Held den Ruf. Den call. Er hört und ahnt: Da gibt es noch etwas… etwas Größeres. Etwas, das die Grenzen des Verstandes übersteigt.
Hier entscheidet sich die Reise. Entweder, der Held will den Ruf überhören und verdrängt ihn schließlich erfolgreich. Dann pendelt sein Leben in diesem ersten Viertel.
Oder der Held folgt dem Ruf. Er überschreitet die 9. Dann begegnet ihm der Drache. Seine eigene Unterwelt. Das, was Johannes vom Kreuz die "dunkle Nacht der Seele" nennt. Unser Held kämpft mit dem Drachen, kämpft mit seinen Dämonen, den Schattenanteilen, um diese zu integrieren und damit fühlend zu erlösen.
Wenn er schließlich bei der 6 ankommt, muss der Kampf nicht vorbei sein. Doch alle Erfahrungen werden sinnhaft. Das ist die Initiation! Und eines der größten Geschenke dieser Initiation ist, dass der Held seine Seelengefährtin erkennt. Prinz und Prinzessin werden ein Paar. Und gemeinsam reisen sie weiter zur 3. Dort erheben sie sich – in meiner Sprache – aus den Frequenzen der Angst, der Enge, des Mangels – und werden zu König und Königin. Ihre Fürsorge gilt den Menschen. Sie werden zu tatkräftigen Agenten der Evolution. "Und wenn sie nicht gestorben sind, so leben sie weiter zur Freude und zum Wohle ihrer Gefährten."
DIE REISE DES HELDEN …
ist die Reise jeder und jedes einzelnen und ebenso von uns allen als Familie der Menschen. Wir alle sind Helden, unterwegs auf unserer Heldenreise. Möge uns diese in 2013 aus der Angst in die Liebe führen. Damit wir – wie Teilhard de Chardin sagt – fähig werden, die Energien der Liebe zu lenken. Zur Freude und zum Wohle aller. Denn nach diesen Jahrtausenden der Angst, der Kriege, der Not – ist es wahrlich Zeit, in die Liebe zu erwachen. Denn wenn nicht jetzt, wann dann?
Herzlichst
Karl Gamper