Kinder erziehen – Kinder begleiten
von Ines Nandi -
Wir leben gerade in einer Zeit großen Umbruchs – vielen Menschen ist das noch nicht so recht bewusst. Sie wünschen sich die alte Normalität „vor Corona“ zurück und glauben, wenn sich nur alle impfen lassen würden, dann könnte das Leben wieder „so wie früher“ werden. Nun, dies dürfte eine Illusion sein…
Nichts wird jemals wieder „so wie früher“, und die Frage ist, ob das überhaupt wünschenswert wäre. Wenn aber die Menschheit global und als Gesamt-Kollektiv an der Schwelle von etwas völlig anderem und Neuen steht, wer wird dieses Neue einmal tragen? Wer trägt es zu einem gewissen Teil schon jetzt? Das ist die Generation unserer Kinder, und im Falle meiner eigenen Altersklasse, die Generation unserer Enkel. Viele von ihnen, wahrscheinlich die allermeisten, und das gilt umso mehr, je jünger sie heute sind, kommen mit einem ganz neuen Bewusstsein auf die Erde.
Es ist ein Bewusstsein, das sich an die LIEBE erinnert, an die Einheit der Menschheit, an die Einheit von Allem, was Ist. Gewiss, jedes dieser Kinder hat seine eigenen „Themen“ zur Klärung und Heilung, seine eigenen Herausforderungen mitgebracht. Aber insgesamt gesehen unter völlig neuen Voraussetzungen. Der alte „Schleier“ zwischen „Diesseits“ und „Jenseits“ existiert für viele von ihnen nicht mehr. Das automatische „Vergessen“ der seelischen Herkunft ist nicht mehr die Regel, wie das bei meiner eigenen Generation noch der Fall war.
Viele sprechen von den „neuen Kindern“ oder den „Kindern der neuen Zeit“. Und die Frage, die ich heute stellen möchte ist diese: Brauchen diese Kinder noch „Erziehung“? Oder brauchen sie etwas ganz anderes? Sehr viele Menschen, Eltern und Großeltern von solchen Kindern, auch viele Menschen in den alten Erziehungs- und Bildungs-Berufen und solche, deren Herz einfach für die Kinder schlägt, stellen sich schon seit längerem ähnliche Fragen und beantworten sie meist ganz klar mit der Aussage:
„Was die Kinder der neuen Zeit brauchen, ist liebevolle Begleitung.“
Denn: Wesen, die gekommen sind, um etwas ganz Neues mit aufzubauen, können sich hierauf nur dann gut vorbereiten, wenn sie nicht in alte Beschränkungen eingezwängt werden. Wenn sie nicht darauf getrimmt werden, in alten Bahnen reibungslos, also unreflektiert angepasst, zu funktionieren. Das genau aber ist es, was das alte „Bildungssystem“ intendiert. Das ist es, was alte Vorstellungen von „Erziehung“ im Sinn haben. Selbst die „antiautoritäre“ Bewegung der inzwischen ebenfalls alten 1968er Generation hatte „Erziehung“ im Sinn.
Hier wurden Kinder zu „aufmüpfigem“ Verhalten ermuntert oder gar genötigt, auch wenn ihnen gar nicht der Sinn danach stand. „Antiautoritär“ stand nicht zuletzt für „respektlos“. Unreflektierte Respektlosigkeit reißt aber sämtliche Schranken nieder, auch die von essenziellen persönlichen menschlichen Rechten. „Antiautoritär“ war „autoritär“ mit umgekehrtem Vorzeichen…
Was bedeutet nun „Begleitung“? Ganz konkret für alle, die mit Kindern zusammen sind und für ihr Wohlergehen zuständig? Begleitung bedeutet zunächst einmal, dass ich das Kind „für voll nehme“. Das heißt, ich gehe davon aus, dass ich es hier mit einem entwickelten Wesen zu tun habe, das, solange es sehr jung/klein ist, körperliche Pflege und Versorgung mit Nahrung durch mich benötigt. Der Säugling ist hiervon in der Tat abhängig.
Andererseits sollte ich mir aber darüber im Klaren sein, dass ein Neugeborenes in aller Regel auf der seelischen Ebene voll bewusst ist. Nur körperlich ist dieses Kind hilflos… Etwas ältere Kinder brauchen Unterstützung beim Erlernen des Umgangs mit der „Dichte“ und „Festigkeit“ der materiellen Welt, ganz allgemein mit deren Gefahren sich körperlich unter Umständen schwer zu verletzen. Hierzu gehören auch der Umgang mit Feuer und Wasser sowie das angemessene Verhalten im Straßenverkehr. Wo es um Regeln geht, die das eigene Leben und das Leben anderer schützen, ist es selbstverständlich sinnvoll und nützlich, dass jedes menschliche Wesen diese kennt und sich daran hält.
Soweit, so gut und so klar. Interessant wird es jedoch schon, wenn wir zu den „gesellschaftlichen Umgangsformen“ kommen. Wir wissen, dass zum Beispiel die simple Vorstellung davon, was „sich schickt“ oder „ziemt“, von Kulturkreis zu Kulturkreis variiert und sich auch schon mal widersprechen kann. Es handelt sich bei solchen Umgangsformen um Verhaltensweisen, die auf der Übereinkunft von bestimmten größeren oder kleineren Menschengruppen beruhen. Ein Kind bekommt dann zum Beispiel zu hören: „So etwas tut man nicht/darf man nicht sagen.“
Ich selbst bin in den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts mit der allgegenwärtigen Frage aufgewachsen: „Was sollen denn die Nachbarn denken?“ Solche Aussagen und suggestiven Fragen sind aber geeignet, ein Kind dazu zu bringen, dass es sich zunächst nach Außen, und dann auch systematisch innerlich verbiegt: „Ich muss mich anpassen, sonst lieben mich Mama und Papa nicht mehr.“ Gedanken wie dieser werden vielleicht nicht bewusst formuliert, aber sie sind da und ihre Wirkung ist zerstörerisch… Lebendigkeit und Authentizität zerstörend.
Und die Alternative? Ich sage nicht, dass ein kleines Kind keine „Verhaltensregeln“ benötigt. Welche Art von Regeln könnten aber wirklich sinnvoll und hilfreich sein? Es braucht nur ganz wenige, aus meiner Sicht. Ja, eigentlich nur eine einzige:
„Sei liebevoll mit dir selbst und mit anderen und behandele andere so, wie du selbst behandelt werden möchtest.“
Diese Grundregel des liebevollen Respekts sich selbst und anderen gegenüber bringen manche unserer neuen Kinder tatsächlich heute schon mit und wenden sie von klein an bewusst an. Von solchen Kindern können und dürfen wir Erwachsenen sehr viel lernen! Sie wissen, dass sie selbst und alle Wesen von göttlicher Natur sind und leben danach. Diese Kinder sind wahrlich die neuen Lehrer*innen!
Andere Kinder schlafen in ihrer irdischen Bewusstseinsentwicklung zunächst noch einmal für eine Weile ein und brauchen behutsame und einfühlsame Erinnerung an diese Grundregel. Wie Eltern oder andere Bezugspersonen im Einzelfall damit umgehen können, erfordert viel Achtsamkeit und auch Selbstbeobachtung und Selbsterkenntnis beim erwachsenen Menschen. Auch hier gibt es viel zu lernen – vor allem für uns selbst.
Und dann dieses große Thema „Schule“ und „Ausbildung“, die sogenannte Bildung. Im gegenwärtigen (noch-) Mainstream-Denken wird von „Schulsystem“ bzw. „Bildungssystem“ gesprochen. Hierzu möchte ich bei passender Gelegenheit einen eigenen Beitrag schreiben, denn die Gedanken hierzu würden den Rahmen dieses Artikels sprengen. Zum Schluss nur noch eine Frage. Wie siehst du das?
Braucht die neue Zeit „Systeme“?
Von Herzen,
Ines Nandi
PS: Wenn du dich tiefer mit dem Thema „neue Kinder“ beschäftigen möchtest, empfehle ich dir wärmstens die Website belovedchildren.community/ von Katharina Winkler und Celine Salema.
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