„Harmonie geht über alles!“
Der Mond in der Waage
von Illa Knappik
Fanden wir beim Jungfrau-Mond eine überdurchschnittlich große Bereitschaft, die Gegebenheiten des Alltags anzunehmen und sich diesen klaglos zu beugen, so möchte sich der Mensch mit Waage-Mond über das Alltägliche erheben, lebt in ihm die romantische Suche nach etwas Höherem, Feinerem, Vollkommenerem als das, was die nüchterne Realität hergibt. Nicht von ungefähr finden wir bei den Waage-Mond-Geborenen einen natürlichen Sinn für Ästhetik und eine künstlerische Ader, die sich, wenn nicht im Beruf, doch im Privatleben gestalterischen Ausdruck findet.
Das Harmoniebedürfnis ist bei den Waage-Monden ausgesprochen groß. Disharmonische Klänge in zwischenmenschlichen Beziehungen sind ihnen ein Greuel, sie werden alles versuchen, um den Frieden schnell wieder herzustellen, selbst wenn sie sich dabei selbst verbiegen. Die Urangst des Waage-Mondes ist, nicht mehr geliebt und deshalb verlassen zu werden. Und diese Urangst entspringt wiederum einem mangelnden Selbstwertgefühl, um seiner selbst willen geliebt zu werden. Dies zu verstehen, ist wichtig, denn sie erklärt uns sein Verhalten. Groteskerweise - oder aus psychologischer Sicht: konsequenterweise – führt aber genau das zur Trennung, zum Verlassenwerden: diese Uneindeutigkeit der eigenen Person, das fehlende markante Profil, die verzweifelte Anpassung an den anderen, eine scheinbare Toleranz ihm gegenüber, um sich sein Wohlwollen oder seine Liebe auf Dauer zu sichern. Damit schließt sich wieder der Kreis, dass wir genau das, wofür wir am meisten Angst haben, anziehen, es in unser Leben ziehen, bis wir bereit sind, hinzuschauen und alte Muster aufzulösen.
Beim Sternzeichen Jungfrau fanden wir die Anpassung an „Gegebenheiten“, bei den Waage-Monden bezieht sich diese auf das „Gegenüber“, so wie sich das Sternzeichen Waage über das „Du“ definiert. Waage-Monde sind aber nicht nur friedfertig. Das Pendel kann so unvermittelt in die andere Richtung ausschlagen, dass der Waage-Mond brüsk in Opposition geht oder sich abweisend zurückzieht. Gleichsam als ausgleichende Korrektur seiner „Harmonie- und Liebessucht“ reagiert der Mensch hier so unverbindlich und unzuverlässig, dass auch dieses Gegensteuern beim anderen nicht wirklich gut ankommt. Kontinuierliche, stabile Freundschaften werden somit häufig erschwert. Waage-Monde können z.B. Beziehungen schlagartig abbrechen, um sie dann später wieder aufzunehmen, wohlmeinend, eine echte Freundschaft müsste das aushalten.
In der Kindheit von Waage-Mond-Geborenen finden wir recht häufig die Situation vor, dass die Mutter eine frühe Liebe hatte, die – aus welchen Gründen auch immer - unerfüllt blieb und der sie ihr ganzes Leben nachtrauert. Das Kind spürt, dass die Ehe der Eltern mehr aus rationalen Gründen denn aus Liebe eingegangen wurde, es fühlt in seinem Innersten, dass die Mutter resigniert und die Hoffnung aufgegeben hat, in ihrer jetzigen Beziehung ein ähnlich tiefes Glück zu finden wie seinerzeit. In dem Bestreben, das auszugleichen, was fehlt (ein typisches „Waage“-Prinzip), springt das Kind in die Lücke und versucht, der Mutter das zu geben, was sie vermisst. Damit verliert sich das natürliche Gefälle, das Kind verlässt die mütterliche Umarmung und erwächst zum ebenbürtigen Partner. Ein Teil der „Kindlichkeit“ wird ihm dadurch geraubt.
Das Kind weiß zudem um die Instabilität von Beziehungen, die nicht durch Liebe getragen werden. Die Verbindung der Eltern bzw. die neue Ehe muss keine schlechte sein, aber das Kind mit seinen feinen Antennen für winzige Veränderungen lebt ständig in Habacht-Stellung. Es hat Angst, dass die Eltern auseinander gehen und es verlassen. Es wird nun alles tun, um die beiden zusammenzuhalten. Damit stellt sich schleichend der Selbstverrat ein, der aber aus Sicht der kindlich-verletzten Seele sehr verständlich ist. Doch wo bleiben Ecken und Kanten, wenn „Liebsein“ an oberster Stelle steht? Wo bleibt ein klares eindeutiges „Ich“, wenn es gleichzeitig den Friedensengel spielen will? Die Angst, abgelehnt zu werden, alleine zu sein, ist zu groß.
Die Aufgabe für Waage-Mond-Geborene ist, unabhängig von der Meinung oder der Reaktion der anderen, ganz klar „Ja“ zu sich zu sagen. Den Selbstwert nicht davon abhängig zu machen, ob andere ihr Verhalten, ihre Leistung, ihre Lebensweise für gut oder nicht gut befinden. Es zu riskieren, ungeliebt zu sein und abgelehnt zu werden. Die Gefahr einzugehen, verlassen zu werden, und es auszuhalten. Zu erkennen, wie gut es sich anfühlt, mit sich zu sein und bei sich zu bleiben. Das Interessante ist, dass man dann nie wirklich allein ist. Sondern in bereichernder Begegnung mit Menschen, die einen wirklich lieben.
Ihre Illa Knappik