Ist Vergebung überflüssig?
von Heike Pranama Wagner -
Mal angenommen, Vergebung ist überflüssig und Gott (oder wie auch immer du es nennst) vergibt dir gar nichts, wirklich überhaupt nichts.
Nicht weil er dich strafen will, sondern weil es gar keinen, wirklich überhaupt keinen Grund für Vergebung gibt.
Nur mal angenommen, das wäre tatsächlich so, wie wäre das für dich?
Vergebung ist überflüssig, wenn wir das Schuldkonzept fallen gelassen haben und erkannt haben, dass nur geschehen kann, was geschieht. Andererseits ist Vergebung auf der persönlichen Ebene durchaus sinnvoll, um sich und andere zu erlösen. Vergebung hat sehr viel mit dem Ego zu tun, denn wenn das persönliche Ich nicht wäre, gäbe es keine Kränkung, weil alles einfach aus sich selbst heraus geschieht.
Wäre da keine getrennte Wahrnehmung, wäre Vergebung vollkommen überflüssig. Wenn wir uns nicht verletzt fühlen würden und niemanden die Schuld geben würden, dann wäre Vergebung überflüssig. Wenn wir uns nicht selbst verletzen würden und uns selbst nicht schuldig fühlen würden, würden wir gar keinen Schuldigen im außen suchen und müssten weder uns selbst, noch anderen vergeben.
Also kurz: Ohne persönliches Ich braucht es keine Vergebung weil da keine Schuld ist und dennoch kann und darf Vergebung geschehen, aber nicht mehr um..., zu..., sondern weil es einfach aus Liebe geschieht.
Der, der nicht vergeben will
Das Ego berechnet die Vergebung, wenn ich vergebe, dann hab ich gutes Karma, dann bin ich endlich die karmische Verbindung mit demjenigen los usw. Das Ego vergibt großmütig, damit es sich über den anderen erheben kann oder es vergibt nicht, damit es weiter einen Schuldigen im außen hat, auf den es alles projizieren kann. Das Ego vergibt sich selbst nicht, weil es genau aus diesem Leiden einen großen Nutzen ziehen kann. Das ewige Opfer, dass sich selbst als falsch und böse sieht, ist eine Schutzfunktion, um sich seinen Themen nicht stellen zu müssen.
Möchte jemand nicht vergeben, holt alte Kamellen immer wieder hoch, dann ist da etwas was leiden will. Hast du schon mal nach dem inneren Anteil in dir Ausschau gehalten, der leiden will? Der Anteil der das Leiden genießt? Versuche ihn mal aufzuspüren, denn wenn du ihn gefunden hast, kann er dir nicht mehr auf der Nase herum tanzen. Und gib es dann gerne unumwunden zu: JA, ein Teil von mir genießt es, wenn ich leide und es gibt auch einen Teil, der es genießt, wenn andere leiden.
Wenn andere leiden, fühlt sich das Ego größer, stärker und wenn es dann helfen will, dann aus der Arroganz heraus, indem es sich über den Leidenden stellt und ihm versucht großmütig die Hand zu reichen oder Ego hilft, weil es das Leiden der anderen nicht ertragen kann. Weise das nicht gleich alles von dir, sondern sei ehrlich zu dir selbst.
Diese Ehrlichkeit dir selbst gegenüber, ist absolut zu deinem Vorteil, denn deine Motive zu kennen lässt dich richtig bewusst werden und löst nach und nach die Trennung auf und hilft beim ersten Schritt zur Selbstvergebung. Denn erstmal geht es bei der Vergebung um anerkennen des Ist-Zustands „ja das ist passiert“ war nicht schön, aber wir wussten es nicht besser...und selbst wenn du es besser gewusst hättest, dann kannst du immer nur so handeln, sein, sprechen, wie es geschieht.
Im Erwachensprozess werden wir irgendwann dazu „gezwungen“ die Verantwortung für uns und unser Erleben zu übernehmen, dann kommen wir aus dem Opfer-Täter-Spiel raus und erlangen wieder Macht über unser Leben, ok um sie dann später wieder an Gott abzugeben...
Vergebung vor Entschuldigung?
Unser Rechthaber-Ego glaubt ja auch häufig, dass der „Täter“ sich zuerst entschuldigen muss. Probiers mal andersherum, warte nicht auf eine Entschuldigung, sondern vergib, dir selbst und dem anderen, denn es geht letzlich in jeglicher Hinsicht um Selbstvergebung, weil wir immer nur uns selbst begegnen. Auch wenn wir uns nicht selbst vergeben können, können wir uns vergeben, das wir es nicht können. Das löst den Widerstand und wir halten den „Täter“ nicht mehr energetisch fest. Das ist Loslassen.
Loslassen bedeutet den Widerstand gegen das, was geschehen ist, gegen den Sünder, den Schuldigen, den Täter, gegen dich selbst, zu sehen, zu fühlen und vollkommen anzuerkennen. Die vollkommene Akzeptanz führt dann zur Widerstandslosigkeit und zum Mitgefühl mit dir selbst und allen Beteiligten.
Vergeben ist nicht verlieren
Dem Ego fällt Vergebung häufig schwer, weil es das Gefühl hat, dabei zu verlieren, dem anderen vielleicht sogar Recht zu geben. Es ist dann das Gefühl vorhanden, dass die einzige Macht die ist, nicht zu vergeben, den anderen schmoren zu lassen, die Kontrolle zu behalten, um sich nicht ohnmächtig zu fühlen. Dabei ist die Ohnmacht schon da, weil all deine Energie (= Macht durch Aufmerksamkeit) in der Vergangenheit steckt. Wir bestrafen uns also mit dieser Nicht-Vergebung selbst und werden Gefangener unser Vergangenheit.
Bedenke...,du musst anderen nicht vergeben, weil du meinst, sie haben es verdient. Vergibt ihnen, weil du dadruch selbst Frieden findest. Das ist zwar ein egoistisches Motiv, aber nur so lange du nicht erkannt hast, dass die Anderen nur du selbst in anderer Form sind.
Vergebung ist Mitgefühl
Mitgefühl uns selbst gegenüber, weil wir es nicht besser wussten, weil wir nur so können wie wir können. Mitgefühl allen Wesen gegenüber, weil sie es nicht besser wussten, weil sie nur so können, wie sie können. Für die Vergebung ist es also wichtig dem Wesen, dem du vergeben willst, dein Herz zu öffnen und wirklich zu fühlen, dass selbst die schlimmste, böseste, mutwilligste Absicht von höchster Stelle genehmigt ist. Auch das ist Liebe und machen wir uns nichts vor, das ist manchmal verdammt schwer zu erkennen.
Bedenke..., du kannst nur geben, was du besitzt. D.h., du kannst nur vergeben, wenn du Mitgefühl hast, wenn du keinen Widerstand gegen die Vergebung hast UND wenn du dir selbst Mitgefühl und damit Vergebung geben kannst.
Akzeptanz gibt dir deine Macht zurück
Vergebung heißt keineswegs, irgendwelche Gräueltaten gutzuheißen, nach dem Motto: „Super, dass du die Oma ausgeraubt hast“. Hier geht es um Akzeptanz von Dingen, die bereits geschehen sind und somit unumkehrbar sind. Aller Kampf dagegen ist unfassbare Energieverschwendung und füttert nur die Macht des Täters. Statt ohnmächtig und fassungslos zu sein, kannst du dir deine Macht zurückholen, indem du deine Energie/Aufmerksamkeit nicht mehr in die Tat steckst, sondern radikal akzeptierst, was geschehen ist und dich mit dem Wunsch befasst Mitgefühl zu empfinden mit allen beteiligten und die Liebe darin zu erkennen. Und das ist in manchen Fällen echt hart.
Also ist Vergebung jetzt überflüssig oder nicht?
Wichtig ist: DU musst niemandem vergeben. Warum nicht? Weil man Vergebung nicht tun kann. Klar kannst du nette Rituale machen, die die Vergebung auch durchaus unterstützen können, doch wahre Vergebung geschieht einzig und allein im Herzen, und dass hat nichts mit TUN zu tun, sondern mit Loslassen der Schuld auf allen Ebenen. Also: Wenn du es nicht fühlst, dann tus nicht! Sei ehrlich zu dir und fühle, was auch immer du fühlst, bis du damit im Frieden bist.
Aus meiner Sicht, ist Vergebung für dich selbst wichtig.
Wenn du dir selbst und anderen nicht vergibst, dann steckst du energetisch immer in diesem Thema drin, fütterst es mit deinen Emotionen und Gedanken immer wieder und gehst entsprechend auch im Außen damit in Resonanz.
Vergebung ist also in erster Linie eine totale Selbstbefreiung, denn du entlässt dich und andere aus Schuld, Erwartung und negativen Emotionen, denn Nicht-Vergebung ist in erster Linie Selbstverletzung, weil du dich selbst in einer niedrigen Schwingung festhältst.
Vergebung ist eine Entscheidung zur Befreiung. Wir befreien uns selbst UND den anderen.
Und Gott braucht halt nichts zu vergeben, weil er/sie/es versteht, wie es geschehen ist und das es aus göttlicher Sicht keine Schuld gibt. Eines Tages wirst du vielleicht in Demut vor Gott knien und ihn um Vergebung und Gnade bitten, weil du so bescheuert warst auch nur kurz zu vermuten, dass nicht alles Liebe sein könnte und dass es etwas außerhalb von Liebe gibt.
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Deine Heike Pranama
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