Ein Geschenk wird erst zu einem solchen wenn es weiter gegeben wird.
von Frank Arjava Petter
Im vorigen Artikel bin ich auf die innere Arbeit eines Reiki Praktizierenden eingegangen, das Verinnerlichen der sogenannten Gokai oder fünf Lebensregeln. Wenn diese Lebensregeln befolgt bzw. gelebt werden, öffnet sich dem Reiki-Praktizierenden eine neue Welt, einer Welt von Ganzheit und heil- sein. Diese innere Einstellung soll sein ganzes Leben erfüllen und jemand der sie verinnerlicht hat, wird vielleicht den Wunsch empfinden die Reiki-Lehre und Heilung die er selbst erfahren hat zu verbreiten.
Meine Reiki-Lehrerin, Chiyoko Yamaguchi (1921-2003) erklärte uns diesen inneren Prozess folgendermaßen. Sie sagte dass die beste Art und Weise zum Reiki-Lehrer zu werden mit der eigenen Krankheit oder dem Bewusstsein dessen beginnt. Du bist also entweder körperlich oder seelisch durcheinander, wirst dir dessen bewusst, und stolperst auf deinem Weg über Reiki.
Zuerst bekommst Du Reiki-Behandlungen und es geht dir immer besser. Du schaust Deinem eigenen Heilprozess zu und fängst Feuer. Nun möchtest du selbst Reiki erlernen und das was du erfahren hast weitergeben. Ein Geschenk wird erst zu einem solchen wenn es weiter gegeben wird… und zwar bedingungslos, ohne irgendetwas von dem Empfänger zu erwarten.
Doch nicht nur die innere Einstellung ist wichtig, sondern auch das praktische know-how. Dieses know how sowie auch das Vorleben der inneren Arbeit im täglichen Ummgang mit den Mitmenschen wird während einer Reiki Ausbildung vermittelt. Das praktische know-how werde ich zu einem späteren Zeitpunkt beschreiben.
Es gibt die unterschiedlichsten Ausbildungen im Reiki und diejenige die ich heutzutage nach 17 Jahren Praxis bevorzuge ist, die Art und Weise wie ich von Chiyoko Yamaguchi unterrichtet wurde. Als ich zu ihr kam war ich schon Reiki Lehrer in der westlichen Tradition, und sie bat mich noch einmal von vorne, mit dem Auge und Herzen eines Anfängers zu beginnen.
Der Grund dafür war nicht, dass sie das von mir Gelernte nicht akzeptierte, sondern dass sie mir ihr Wissen aus ihrer 65 jährigen Reiki-Erfahrung ohne Vorbehalte und vorgefertigte Meinungen vermitteln wollte. In der japanischen Zen Tradition, die die japanische Gesellschaft stark geprägt hat, wird jedem Schüler empfohlen mit dem Geist eines Anfängers an die innere Arbeit zu gehen und nie zu denken dass man ja schon alles weiß.
Ich hatte damals schon viele Jahre in Japan gelebt und war seit langer Zeit auf der Suche nach einem japanischen Reiki-Lehrer der bereit war mich in der traditionellen Kunst zu unterrichten. So nahm ich ihr Angebot gerne an und fast genau vor zehn Jahren begann meine Reiki-Ausbildung bei ihr.
Das Erste was mir auffiel war ihre Einfachheit sowie ihre geistige Beweglichkeit. Sie lebte was sie lehrte war offen für alles, an vielem auch weltlichen interessiert, und hatte 65 Jahre Reiki Erfahrung. Sie plauderte stundenlang aus ihrer faszinierenden Schatzkiste von geschätzten über 50.000 Reiki-Behandlungen und wusste einfach alles was mit Reiki-Praxis zu tun hatte. Aber der wichtigste praktische Aspekt ihrer Reiki-Arbeit war, dass sie in der Lage war uns beizubringen was sie selbst durch viele harte Arbeit hatte erlernen müssen.
Sie verlangte also, dass ich noch einmal mit dem ersten Reiki Grad
(Shoden genannt) anfing. Den zweiten Reiki Grad (Okuden) unterrichtete sie gleich anschließend in einem intensiven fünftägigen Reiki-Seminar. Meine Tagebucheintragungen aus dieser Zeit findest Du in meinem letzten Buch “Das ist Reiki”, erschienen beim Windpferd Verlag.
Ein Jahr später sollte ich das Erlernte noch einmal wiederholen und ein paar Monate nach der Wiederholung wurde mir mitgeteilt, dass ich den ersten Teil der Reiki-Lehrerausbildung (Shihan Kaku) machen durfte. Gebeten hatte ich darum nicht, aber Chiyoko Sensei (verehrter Lehrer/in) hatte die Zügel fest in der Hand und hatte scheinbar das Gefühl dass ich einen geeigneten Reiki-Lehrer abgeben würde. (Ich arbeite immer noch daran…). Wieder ein Jahr darauf (2003) war dann der zweite Teil der Reiki-Lehrerausbildung (Shihan, Lehrer) geplant an dem ich aber leider nicht mehr teilnehmen konnte, da sie im August 2003 bevor ich kommen konnte, verstarb.
Nach ihrem Tode lud ich Ihren jüngsten Sohn, Tadao ein ihre Reiki-Arbeit in Europa vorzustellen. Seitdem gibt es in Deutschland jedes Jahr im Sommer Reiki-Seminare mit ihm, und wenn Du Lust und Zeit hast, komm doch nächstes Jahr zu uns. Das Feedback der Seminarteilnehmer ist jedes Jahr überwältigend: Reiki transformiert den Menschen auf liebevolle und fast zärtliche Art, und wer könnte da schon “Nein” sagen…
Euer Frank Arjava Petter