Spiritualität - spirituell !?
von Alexander Gottwald -
Ist spirituell eigentlich so was wie nett?
Gelegentlich höre ich von Leuten, die meine Beiträge lesen, ich sei doch spirituell, da solle ich doch nun gefälligst mal nicht über dies und das urteilen. Mir stellt sich dann natürlich die Frage: Was glauben diese Leute eigentlich, was spirituell wirklich ist?
So was wie „nett“, vielleicht?
Das erinnert mich daran, dass mir neulich eine Bekannte sagte: „Nett ist die Schwester von Scheiße!“ – Aus meiner Sicht würde ich noch hinzufügen: Nett scheint mir die Schwester von „politisch korrekt“ zu sein, oder? Also von genau dem Gift, das eigenes Denken gegen vorgefertigte gleichgeschaltete Schablonen austauscht.
Oh, jetzt hat er auch noch „Denken“ gesagt! – Ist angeblich auch nicht spirituell, oder?
Schauen wir uns das mal an: Im New Age gilt als „spirituell“, wer unkritisch jeden Mist mit „positivem Denken“ übergießt und brav die Klappe hält. Wer hingegen tatsächlich wach – also HIER & JETZT präsent - IST und aus dieser liebenden Bewusstheit heraus wahrnimmt, was auf diesem Planeten so alles aus dem Ruder gelaufen ist, der gilt schnell als „Verschwörungstheoretiker“ oder zumindest als „negativer Mensch“.
Vor allem dann, wenn man es wagt, die Dinge entschlossen zu benennen und auch noch Lösungsvorschläge anzubieten, die abseits der markt- und szeneüblichen NLP- und Selbstmanipulationswerkzeugkästen liegen.
Spirituell ist ein Wort, das heute inflationär gebraucht wird und das dabei letztlich tatsächlich zum Synonym für Wellnessgedöns verkommen ist, was ja von den entsprechenden Publikationen und Vermarktern auch bereitwillig bedient wird.
Viele glauben z.B., wenn sie sich einen Edelstein kaufen, sind sie spirituell. Vor allem natürlich, wenn dieser Edelstein angeblich auch noch zu ihrem Sternzeichen passt.
Wenn ich die dann frage, ob Blut denn zu ihrem Sternzeichen passt, schauen sie mich groß an. Ja, Kinderblut, sage ich dann. Kinder bauen in Afrika und auch hier in Südamerika Edelsteine ab. Sie töten sich gegenseitig für größere Funde, werden erschossen, um sie ihrer Beute zu berauben oder sie sterben mit spätestens Ende 20 durch die unmenschlichen Arbeitsbedingungen in den Minen…
Wenn ich so was sage, bin ich nicht nett. Ich urteile angeblich, was dann natürlich echt unspirituell sei. Aber ist das wirklich so? Nein, ich habe nur jemanden, der dachte, er könne sich Spiritualität für ein paar Euro kaufen, bei seinem materialistischen kleinen Egotrip gestört.
Was ist denn nun aber wirklich spirituell? Irgendein Lifestyle-Etikett? Sich mit so was wie – „ich trink jetzt grünen Tee“ oder „ich lebe jetzt vegan“ und „ich meditiere“ zu schmücken?
Nein, spirituell ist die Bereitschaft zu erkennen, dass DAS, was JETZT HIER IST, sich überhaupt nicht für die Geschichten meines Egos interessiert. Ganz egal, wie vermeintlich „spirituell“ ich sie aufpolieren mag. Das ist nur das, was Chögyam Trungpa als „Spirituellen Materialismus“ bezeichnete.
Spirituell wird unser Leben, wenn wir es DEM erlauben, uns zu leben! Wenn DAS, was jeden Augenblick, also JETZT immer bereits HIER IST zum Ausgangspunkt, zur Quelle dessen wird, was mich lebt, wenn mir egal ist, ob Leute mich spirituell finden oder nicht, wenn es nur darum geht, ob DAS mich JETZT mit Ektase erfüllt, die sich HIER in mein Leben hinein ergießt, dann kann es sein, dass wir der Essenz von Spiritualität auf der Spur sind.
Spiritualität beginnt JETZT. Dieses JETZT zu erleben, wird oft als „Aufwachen“ beschrieben. Nichts, womit das Ego sich schmücken kann. Einfach nur Glück. Frieden. Freiheit. DaSEIN. HIER & JETZT. Nirgendwo hin. Niemandem was beweisen. Nicht nett. Einfach nur DU! Nackt. Im Herzen des Lebens.
Herzlichst
Alexander Gottwald