An einem Mittwoch gegen Mitternacht, nach dem monatlichen Lichtarbeiterinnentreffen sitzt eine Runde Lichtarbeiter im Löwenhaus in Innsbruck. Nicht ganz, es waren nicht alle Lichtarbeiter, einer aus der Dunkelheit war unter ihnen. Aber immer der Reihe nach. Der Schwarzarbeiter schweigt meistens, dafür sprechen die Lichtarbeiterinnen viel vom Heilen, vom Licht und ihre Sehnsucht danach. Für einige besteht eine besondere Sehnsucht nach dem Erreichen eines Zustandes von Feinstofflichkeit oder gar Stofflosigkeit, ewigen Lebens im letzten und alles überstrahlenden Licht.
Da sagte der Alchimist in der Runde zu dem aus der Dunkelheit: „Wir sind Lichtarbeiter und wenn du sagt, du liebst die Nacht, den Mond und die Dunkelheit, sagst auch du kommst aus der Dunkelheit, dann bist du eigentlich ein Schwarzarbeiter." Der Alchimist hat das eigentlich humorvoll gemeint und doch, der Begriff ist an dem Dunklen hängen geblieben. Nun nennen sie ihn den Schwarzarbeiter und der staunt wieder einmal über die Menschen.
Zuerst aber, was treibt eigentlich die modernen Lichtarbeiterinnen zu ihren manchmal irgendwie absurd erscheinenden Ansichten. Seit es den modernen Menschen gibt, ihn Religionen begleiten, dazu gehört wahrscheinlich auch der Neandertaler, betet er das Licht an, strebt er sozusagen nach dem Lichte. Sein allergrößtes Sehnen scheint Stofflosigkeit im göttlichen Lichte zu sein. Das natürlich in einer Vielfalt und auf ebenso vielen Wegen zum göttlichen Licht. Man denke da nur an Zarathustra, die alten Ägypter und fernöstliche Kulturen oder gar die Native Americans.
Die modernen Lichtarbeiterinnen meinen, sie erfinden das Licht neu. Aber ihr Wissen über alte Kulturen, Religionen etc., auch wenn sie z.B. oft von nichts mehr als vom Schamanentum sprechen, tendiert gegen Null. Manche sind gebildet, aber wenn es um den Glauben geht, setzt der Verstand aus, beides miteinander verträgt sich nicht. Sie denken nicht einmal zurück in die Zeit des New Age und dass zyklisch ihre Sicht des Lichtes immer in der Kultur des Menschen eine Rolle spielte, aber sich dabei nie etwas verbessert hat. Die Lichtarbeiterinnen glauben, nun kommt eine neue Zeit, der Mensch steigt auf zum Lichte und lässt mit jeder Stufe Menschsein hinter oder eben unter sich – wieder einmal, wie so oft in seiner Geschichte.
Man kann den Lichtarbeiterinnen keinen Vorwurf machen. Sehnsüchte setzen sich oft über alle Vernunft, über Wissen, schon gar wenn es nicht vorhanden ist, hinweg. Leider, sie wissen nicht, dass es schon immer auch Kulturen der Dunkelheit gegeben hat und es sie noch gibt. Es gab sie schon immer dort, wo dunkle Wälder Kulturen seit je her bestimmten. Lichtarbeiterinnen sind Nachfahren der Sonnenvölker; kriegerische, zerstörende und Leben missbrauchende Völker. Die Sehnsucht der Lichtarbeiterinnen nach dem Licht gründet sich in der Zeit, als die Kulturen der Sonnenvölker sich in den weiten Ebenen und lichten Wäldern (z.B. Asiens) in grauer Vorzeit entwickelten. „Über ihnen die Sonne“ bedingte ihre Anbetung und Verehrung. Ein über Jahrtausende, wahrscheinlich Jahrzehntausende, geprägtes Kulturbild ändert sich nicht so schnell in wenigen Jahrhunderten, schon gar nicht in Jahrzehnten. So gesehen sind die Lichtarbeiterinnen mit ihrer Anbetung des Lichtes in der Vorzeit stehen, stecken geblieben. Also: „Nichts Neues unter der Sonne.“ Weites noch bemerkenswert. Abgesehen von Papst und Katholizismus, ist die christliche Religion eine besonders ausgeprägte des Lichtes. Eigentlich wären die Lichtarbeiterinnen dort sehr gut aufgehoben. Aber wer weiß das von ihnen schon.
Ganz anders die Kulturen der Dunkelheit. Sahen Angehörige dieser Kulturen, bis auf wenigen Ausnahmen von mehr oder weniger großen Lichtungen abgesehen, nur Baumkronen über sich, lebten sie in ihrem Schatten, bestimmt dieser ihre Kultur, machte die Waldvölker dunkler riesiger und ewig scheinender Wälder zu Kulturen der Dunkelheit. Z.B. der Indische Subkontinent war vor Jahrtausenden dicht bewaldet. In seinen endlosen Wäldern herrschten Kulturen der Dunkelheit bis vor etwa 8- bis 10000 (Tausend) Jahren die kriegerischen Sonnenvölker aus den weiten Ebenen Asiens über den Himalaya in den Subkontinent hinunter stiegen und die Kulturen der Waldvölker Großteils auslöschten, assimilierten oder in die Kaste der Paria zwangen.
Auch in Europas frühen Wäldern gab es Kulturen der Dunkelheit. Heute sind von diesen Kulturen nur mehr Spuren erhalten und doch sind sie noch lebendig in weit verstreuten Familiengenerationen in Resten unserer Wäldern. Sie sind die Nachfahren und Hüter uralter kosmische Bilder aus der Zeit vor der Zeit. Ihnen ist nichts wichtig, kein Streben, kein Ehrgeiz, kein Gefallen anderer bestimmt ihr Sein. Sie leben keine Moral, keine Ethik und geben kein Urteil über Menschen ab. Menschsein ist ihnen exotisch, ein großes Rätsel. In den Wäldern lebten die Männer als Holzfäller und die Frauen als Kräuterfrauen. Sie alle sind Heiler, heilen aber nur Leben der Natur, keine Menschen. Den Menschen sehen sie in jeder Weise als sich selbst verantwortlich. Das ist der Preis der Freiheit in Verantwortung. Die in und aus der Dunkelheit Lebenden zeichnet eine große Gelassenheit, Zurückhaltung und Zurücknahme sowie Schweigen aus. Das machte sie unter den Sonnenvölkern und ihren Nachfahren schon immer zu Außenseitern, zu Verfolgten.
Wenn dann der Alchimist unter den Lichtarbeiterinnen sagt: „du bist ein Schwarzarbeiter“, so klingt das lustig, entspricht aber nicht den Tatsachen. Solche in und aus der Dunkelheit arbeiten mit der Macht ihrer Kultur nicht, für niemanden, auch nicht für sich selbst. Es wäre ganz gegen ihre Art.
Armin vom Silberwald, einer der alten Meister des Waldes und Elfenmeister; einer der die Nacht, den Mond und die Dunkelheit liebt, aus der Dunkelheit kommt.
Schwazer Silberwald im neunen Silberwaldjahr, im Zeichen der Biene
(Bild: Silberwaldkrafttier 2013 "Der Adler" von Elisabeth Bliem)